Hammelburger-Album

Beitragsseiten

Die Geschichte einer unterfränkischen Brauerei                                                                                                                             .


Facharbeit am Frobenius-Gymnasium Hammelburg
Abiturjahrgang 2008
Verfasser: Sebastian Salch
Leistungskurs: Geschichte/Sozialkunde 3SK/G
Kursleiter: Dr. Friedrich Schäfer


Inhaltsverzeichnis

A) Kurze Einführung in Thematik und Quellenlage

B) Gründungsphase, Technisierung und Ausbau der betrieblichen Infrastruktur

1. Allgemeine Einführung in Produktion und Vertrieb Salch
- Rohstoffe und Verarbeitung
- Biersorten
- Maschinen und Arbeitschritte
- Zollkontrollen
- Arbeit und Arbeiter
- Kunden
- Ausstoßentwicklung

2. Die Gründungsphase 1863-1887

3. Braubeginn und Ausbau des Betriebes 1887-1906
- Errichten einer Brauerei 1889
- Bau des ersten Eiskellers 1892
- Investition in neue Technik: Kauf eines Dampfmotors 1897
- Bau einer Fasshalle, eines Lager- und eines weiteren Eiskellers 1898
- Sudhausbau 1905
- Generationenwechsel: Hans Salch übernimmt die Brauerei 1926

4. Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen für die Brauerei Salch
- Arbeitskräftemangel und Kriegsgefangene
- Rohstoffknappheit und die Folgen: Das Dünnbier

5. Vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum letzten Sud im Jahr 1996
- Die Zeit vor der Währungsreform
- Von der Währungsreform bis zum ,Wirtschaftswunder´
- Sudhausumbau 1968
- Von 1960 bis zur Einstellung des Braubetriebes

6. Ursachen für die Schließung der Brauerei

C) Chancen für Brauereien heute

D) Anlagen

1. Plan Nr. 1
2. Plan Nr. 2
3. Plan Nr. 3
4. Plan Nr. 4
5. Plan Nr. 5
6. Beschwerdebrief von Anton Winter
7. Stammbaum der Familie Salch
8. Foto der Familie Salch um 1930
9. Die Bierherstellung
10. Begriffslexikon

E) Literatur- und Quellenverzeichnis




A) Kurze Einführung in Thematik und Quellenlage

Im Vergleich mit dem übrigen, heutigen Bayern war es in der Weinstadt Hammelburg schwer für Brauereien, Fuß zu fassen. Die Winzer stellten anfangs eine übermächtige Konkurrenz für die Brauer dar. Die Hammelburger tranken nämlich in den Gaststätten lieber Wein als das für sie ungewohnte Bier. Nicht einmal mehrere aufeinander folgende schlechte Weinernten änderten etwas an dieser Tatsache. Erst als anno 1615 wieder einmal kaum Wein verfügbar war, unternahm ein Wirt namens Brösler den Versuch, den Durst der Hammelburger mit selbstgebrautem Bier zu löschen. Damit wurde in der fränkischen Kleinstadt fast zweihundert Jahre später mit dem Bierbrauen begonnen als im übrigen, heutigen Bayern.
Bröslers Bier entwickelte sich zum Verkaufsschlager in Hammelburg. Es wurde „vom Adel und Beamten fassweise“ abgeholt, heißt es in den Quellen. Doch kurz darauf, am zweiten Osterfeiertag 1615, kam es zu einem Eklat, welcher den Stadtmagistrat dazu veranlasste, den Ausschank von Bier durch den Gastwirt Brösler zu verbieten:
„Am ersten Ostertag hatten sich viele Gäste mit dem süffigen Getränk toll und voll getrunken. Und am zweiten Ostertag wies die Wirtschaft schon früh vor dem Gottesdienst Betrunkene in Menge auf. Auf die Meldung von dieser Sachlage hin erschien plötzlich der Oberamtsmann in der Gaststube, stellte den Wirt zur Rede, wer `ihm solches Brauen und Ausschenken geheißen hätte´.“
Für Brösler hatte der Zwischenfall fatale Folgen: Man verbot ihm kurzerhand das Bierbrauen. Doch nun versuchten es andere Schankwirtschaften dem Gastwirt Brösler gleich zu tun, doch der Gerstensaft konnte in guten Weinjahren den heimischen Rebensaft nicht verdrängen. Erst nach erneuten Ernteausfällen aufgrund von Frost im Jahr 1628 veranlasste die Stadt den Bau eines Städtischen Brauhauses. Dort konnte jeder Einwohner Hammelburgs mit Braurecht selbständig brauen oder sein Bier von einem städtischen Braumeister brauen lassen. Das Brauhaus erfreute sich zunehmender Beliebtheit, so dass schon bald unter den Hammelburgern heftiger Streit um die besten Zeiten für das Bierbrauen entbrannte. Die besten Zeiten zum Bierbrauen waren naturgemäß die kälteren Jahreszeiten, da es im Sommer stets Probleme mit der Kühlung des Bieres gab.


Als erster selbstständiger Brauer in Hammelburg versuchte sich ein gewisser Johann Baptist Schüßler. Am 1. Juni 1839 erwarb er ein Grundstück neben dem Kloster Altstadt und errichtete dort eine Brauerei mit Ausschank sowie Lagermöglichkeiten. Nach mehrmaligem Wechsel der Besitzer kaufte 1879 ein Herr Wald aus Untereschenbach die Brauerei. Doch er starb bereits acht Jahre nach dem Kauf des Unternehmens. Sein Sohn konnte den Betrieb nicht lange führen, da ihn ebenfalls ein früher Tod ereilte. So erbte ein gewisser Valentin Kihn die Braustätte, da er mit einer Tochter Walds verheiratet war. Auch dieser Besitzer konnte die Brauerei wegen baldigen Todes nicht lange halten. So wurde die Brauerei an eine Erbengemeinschaft vermacht. Die Geschäftsleitung hatte Kihns Schwiegersohn Georg Hempfling inne. Nach dessen Tod 1950 ging die Brauerei Felsenkeller wieder in eine Erbengemeinschaft über und wurde 1971 geschlossen.
1887, kurz nach der Übernahme Valentin Kihns, wurde in Hammelburg eine weitere Brauerei gegründet: die Brauerei Salch, die für die nächsten 120 Jahre Hammelburg gewerblich bereicherte.
In der vorliegenden Arbeit möchte ich die Entstehung und die weitere Entwicklung unterfränkischer Brauereien anhand der Brauerei Salch exemplarisch darstellen.
Leider weist die Quellenlage mitunter große Lücken auf. Aus diesem Grund konnten nicht alle Aspekte der Geschichte der Brauerei Salch beleuchtet werden. Für die Geschichte des Betriebs von den frühen 30er Jahren bis zur Schließung gaben der letzte Inhaber, Diplombraumeister Alois Salch, dessen Frau Maria sowie die Schwester von Alois Salch, Marianne Salch, in zahlreichen Befragungen Auskunft. Zudem wurden in Archiven zahlreiche Quellen gesammelt. Einige der erhaltenen Schriftstücke sind in altdeutscher Handschrift verfasst und waren oftmals auch für geübte Leser nicht oder nur sehr schwer lesbar.
Die wesentlichen Schritte der Bierherstellung sind im Anhang beschrieben. Darüber hinaus werden auch Fachbegriffe erläutert, doch soll die Bierherstellung nicht bis ins Detail beschreiben werden.




B) Gründungsphase, Technisierung und Ausbau der betrieblichen Infrastruktur


1. Allgemeine Einführung in Produktion und Vertrieb der Brauerei Salch

1.1 Rohstoffe



Zum Bierbrauen an sich werden vier Rohstoffe benötigt: Wasser, Malz, Hopfen und Hefe.
Das zum Brauen benötigte Wasser, das Brauer auch „Körper des Bieres“ nennen, wurde anfangs aus einem Brunnen im Anwesen der Brauerei Salch in der Oberen Gasse, der heutigen Kissinger Straße, gepumpt. Nach dem Umzug zum Rothen Kreuze , in die heutige Rote-Kreuz-Straße, wurde dort ein neuer Brunnen gebohrt. Nachdem der erste Brunnen auf dem Anwesen am Rothen Kreuze nicht mehr genug leistete, griff man auf das Wasser der Stadt Hammelburg zurück. Bei Qualitätsprüfungen der TU München kamen die Prüfer jedoch zu dem Ergebnis, dass das verwendete Wasser „an der Grenze des Genießbaren für Bier“ sei. Daraufhin ließ Diplombraumeister Alois Salch erneut bohren (wird in Gliederungspunkt 5.4 noch weiter erklärt), um beim Bierbrauen auf das Wasser der Stadt Hammelburg zu verzichten. Die Menge des zum Bierbrauen benötigten Wassers betrug aber nur ein Viertel des gesamten Wasserverbrauchs der Brauerei, der Rest wurde zum Reinigen der Anlagen bzw. der Behältnisse benötigt. Das Malz, auch „Seele des Bieres genannt“ , wird aus Braugerste hergestellt, die hohe Keimkraft aufweisen muss, damit Stärke in Zucker umgewandelt werden kann. Die Brauerei Salch mälzte wie die meisten Brauereien ihre Gerste nicht selbst, um Platz und Zeit zu sparen. Das Malz wurde von Anfang an bei der Frama (Fränkische Malzfabrik) in Karlstadt eingekauft. Den Hopfen, auch „Würze des Bieres“ genannt, bekam die Brauerei entweder aus dem eigenen Hopfengarten am Kalkwerk in Hammelburg oder aus den Anbaugebieten Spalt in Mittelfranken und der Hallertau im nördlichen Oberbayern. Der sogenannte „Geist des Bieres“ , die Hefe, wurde am Anfang aus Poppenhausen bezogen , später änderte der Diplombraumeister Alois Salch dies und kaufte die Hefe in Weihenstephan bei München. Der Hefestamm wurde dann selbst weitergeführt, d. h. selbst gezüchtet. Die Kohle zum Heizen des Sudkessels kaufte die Brauerei Salch bei den Kohlehändlern Eberlein, Schneider und Pfeiffer. Später, als die Befeuerung des Sudkessels auf Öl umgestellt wurde, lieferte zunächst Shell, später die BayWa in Hammelburg den Brennstoff.



1.2 Biersorten

Die meisten Brauereien Unterfrankens und Bayerns stellten eigentlich bis 1950 immer nur eine beziehungsweise zwei Biersorten her. Typisch für Bayern war ein Lagerbier, welches mit dunklerem Malz hergestellt wurde und 12% Stammwürze hatte. Heutzutage wird dieses oft auch als Exportbier bezeichnet. In der Brauerei Salch hieß es lange Zeit Vollbier. Im Sommer wurde ein leichteres Erntebier hergestellt, das nur 8% Stammwürze hatte und damit süffiger als Lagerbier war. Zu Festen, wie Weihnachten oder Ostern, gab es immer ein Bockbier: im Winter ein dunkles Bockbier mit 16% Stam-würze, das auch Festbier genannt wurde, im Frühjahr bereicherte ein heller Maibock, mit ebenfalls 16% Stammwürze, die Produktpalette der Brauereien. Nach dem Zweiten Weltkrieg führte die Brauerei Salch dann durchgängig mehrere Biere, und so wurde ein Starkbier mit 14% Stammwürze eingeführt, welches Voll-Salchator und später Märzen hieß. Der Stammwürzegehalt steigerte sich über die Jahre hinweg bei Hellem Bockbier sogar auf 18%. Pilsner wurde erst nach 1957 gebraut, nachdem durch die Bundeswehr 1956 vermehrt Norddeutsche nach Hammelburg kamen und „Pils“ verlangten. Das Altstadtbier wurde erst in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts durch Alois Salch eingeführt.



1.3 Maschinen und Arbeitsschritte

Die zur Herstellung von Bier benötigten Maschinen sowie die an ihnen verrichteten Tätigkeiten werden zum besseren Verständnis anhand der Pläne Nummer 1 bis 4 erklärt. Diese befinden sich im Anhang.
1. Das Becherwerk diente zum Transport der Malzkörner aus dem Malzsilo (15) in die Putzmühle (2).
2. Die Malzputzmaschine, auch Putzmühle genannt, reinigte die Samenkörner, das heißt, sie sortierte zu kleine Körner und eventuell auch Steinchen und anderen Schmutz aus.
3. stellt eine Wasserreserve dar, die beim Brauvorgang benötigt wird.
4. Die Schrotmühle und der Schrotkasten dienten zum Schroten des Malzes. Das bedeutet, das Malz wurde nicht gemahlen, sondern nur „gequetscht“, damit die für den Brauvorgang benötigte Kornschale erhalten blieb.
5. zeigt ähnlich wie 3. eine für den Brauvorgang benötigte Wasserreserve. Wie auf dem Plan ersichtlich, wurden an ihr die heißen Abgase von der Sudpfanne (7) vorbeigeleitet, damit sich das in dem Behältnis befindliche Wasser erwärmte.
6. zeigt den Läuterbottich٭, beziehungsweise den Maischebottich٭; dort wurde einge-maischt und die Würze٭ von der Maische٭ getrennt.
7. Die Sudpfanne dient zum Kochen der Würze.
8. zeigt die Feuerung, die zur Erhitzung der Sudpfanne mit Kohle oder mit Heizöl dien-te.
9. zeigt den Aufzug zum Transportieren der abgefüllten Bierfässer aus dem Keller, wo sie bis zu ihrem Abtransport an die Kunden gestapelt wurden.
10. stellt den Berieselungskühler٭ dar, der für den zweiten Schritt der Würzekühlung gebraucht wurde (Nachkühlung), um die Würze auf 6 bis 9°C abzukühlen.
11. zeigt das Maschinenhaus, mit dem darin befindlichen Dampf-, später Dieselmotor. Dieser diente der Übertragung der erzeugten Energie auf die in der gesamten Brauerei befindlichen Wellen und Transmissionsriemen, die alle Maschinen (Rührwerksudpfanne, Schrotmühle, Würzepumpe, Aufzug) antrieben.
12. stellt den alten Brunnen dar.
13. zeigt das Kühlschiff٭, den ersten Teil der Kühlung der Würze (Vorkühlung). Dabei wurde die Würze von ca. 90°C auf 15 bis 20°C gekühlt.
14. zeigt eine Würzepumpe, die die Würze, beziehungsweise die Maische, von einem zum anderen Gefäß (vom Maischebottich zur Sudpfanne oder auf das Kühlschiff) be-förderte.
15. diente als Hopfenseiher, um den gelösten Hopfen von der Würze zu trennen.
16. zeigt ein Malzsilo.
Als das Bier ab 1930 in Flaschen gefüllt wurde, musste die Brauerei Salch umrüsten. Die Fasshalle und der obere Teil des Eiskellers wurden zu einer Flaschenfüllerei umfunktioniert. Dort befand sich auch eine Reihe weiterer Maschinen: So die Waschma-schine, in der Flaschen aus den Kisten genommen und ausgespült wurden. Dies musste zunächst von Hand erledigt werden. Später übernahm diese Arbeit eine Flaschen-Waschmaschine. Nach der Reinigung wurden die Flaschen vor einem Leuchtschirm durchleuchtet, um Schmutz, der sich beim Spülen nicht gelöst hatte, zu erkennen. Danach wurden die Flaschen von einem Flaschenfüller mit Bier befüllt, gelangten dann zum Kronkorker, wo sie verschlossen wurden. Als man damit begann, Bier in Flaschen abzufüllen, verwendete man keine Kronkorken, sondern nur Bügelflaschen, die man mit der Hand schließen konnte. Schließlich transportierte ein Förderband die Flaschen zur Etikettiermaschine. Danach wurden die Bierflaschen in eine Kiste gesetzt. Anfangs wurde dies noch von Hand gemacht – später erledigte auch dies eine Maschine. Die im Keller erledigten Produktionsschritte werden ebenfalls anhand eines Planes erklärt.

Die gekühlte Würze wurde in den Gärkeller A gepumpt und dort mit der Hefe in den offenen Gärbottichen B angestellt, d.h. der Gärungsprozess wurde eingeleitet. Nach ca. 7 Tagen Hauptgärung wurde das Jungbier in den Lagerkeller C gepumpt, danach wurde die sich nun am Boden der Gärbottiche befindliche Hefe geerntet, d.h. die Hefe wurde aus den leeren Gefäßen entfernt und anschließend gewaschen. Nach der Lagerzeit von 6-8 Wochen verließ das nun ausgereifte Bier den Lagerkeller und wurde im Filterkeller D filtrierte, um es länger haltbar zu machen. Anschließend wurde der fertig gereifte Gerstensaft in Drucktanks im Drucktankkeller E aufbewahrt, bis er zur Abfüllung entweder in den Fass-Abfüllkeller F oder zur Flaschenfüllerei kam.
Bis 1925 , als Automobile auch in Hammelburg und bei der Brauerei Salch Einzug hielten, wurde das Bier durch Mitarbeiter der Brauerei Salch mit Pferdefuhrwerken ausgefahren. In jedem Winter wurde dann ein Schlitten statt den nun nicht brauchbaren Wägen genutzt. Später wurden die Pferdefuhrwerke durch Kleinlaster und zu Kastenwagen umgebaute PKW ersetzt.



1.4 Zollkontrollen

Zollkontrollen konnten zur jeder Zeit stattfinden und waren stets unangemeldet. Die Zollbeamten erschienen zur Betriebskontrolle früh morgens, oft schon um 2 oder 3 Uhr, als im Sudhaus der Braubetrieb aufgenommen wurde. Die Beamten waren berechtigt, den gesamten Betrieb sowie alle Abläufe und jeden einzelnen Arbeitsschritt zu kontrol-lieren. Sie nahmen Proben vom fertigen Bier, prüften dessen Alkoholgehalt oder nahmen Proben aus der Sudpfanne oder den Gärbottichen.
Eine zweite Aufgabe, die die Zollbeamten erfüllten, war die Bestandsaufnahme. Diese fand meist am 2. Januar zum Abschluss des Sudjahres statt. Dabei zählten die Beamten den Bestand an Bier, welcher in Fässern, Kisten oder Tanks in der Brauerei lagerte und verglichen diesen anschließend mit den Aufzeichnungen des Braumeisters, die dieser zu jedem Sud angefertigte. Dies dauerte meistens zwei bis drei Stunden. Danach zogen die Beamten von der Gesamtmenge des Bieres, das im jeweiligen Jahr gebraut worden war, den Abgang ab. Das heißt, das Bier, das verkauft wurde, beziehungsweise als Haustrunk für die Mitarbeiter die Brauerei verlassen hatte. Das Ergebnis dieser Rechnung musste dann den Bestand an Bier liefern, der sich in der Brauerei befand. Die Differenz wurde als Schwund bezeichnet, der durch die Rückstände in den Behältnissen und von dem Verdunsten herrührte. Natürlich waren einzelne Mitarbeiter, die die eine oder andere Flasche für sich abgezweigt hatten, daran nicht unbeteiligt. Nur ein bestimmter Prozentsatz an Schwund war zugelassen; falls dieser überschritten wurde, nahmen die Zollbe-amten an, dass eine Steuerhinterziehung vorlag und verhängten eine Geldstrafe. Die erzeugte Biermenge wurde nicht nur durch die Sudberichte errechnet, sondern auch durch die Malzeinkaufsbelege, welche ebenfalls geprüft wurden.
Die Zollbeamten hatten auch die Aufgabe, darauf zu achten, dass kein Schmutz zu Ver-unreinigungen im Bier führte. Dies überwachten ebenfalls die Lebensmittelkontrolleure, die eine Flasche fertiges Bier mitnahmen und es dann prüften.



1.5 Arbeit und Arbeiter


Über die Entwicklung der Mitarbeiterzahl der Brauerei Salch gibt es nur sehr wenige Quellen. Wie viele Arbeiter zu den verschiedenen Zeiten in dem Betrieb beschäftigt waren, lässt sich nicht mehr lückenlos rekonstruieren. Aufschluss über deren Anzahl gibt lediglich eine Quelle aus dem Stadtarchiv Hammelburg. Weitere Informationen hierzu konnten Alois und Maria Salch beisteuern.
Nach Abschluss der Recherchen zu dieser Frage ist jedoch davon auszugehen, dass Johann Salch von Beginn an Mitarbeiter einstellte, da er schon vor der eigentlichen Gründung seinen Cousin Alfons Salch nach Hammelburg holte; dabei muss es sich wohl schon um einen Angestellten im eigentlichen Sinne gehandelt haben. Das Bild rechts zeigt den ersten Bierfahrer der Brauerei Salch, Xaver Goth. Die einzige bereits erwähnte schriftliche Quelle zur Mitarbeiterzahl aus dem Stadtarchiv Hammelburg ergibt als Balkendiagramm eine durchschnittliche Beschäftigtenzahl von zwei, nur 1929, im Jahr der Weltwirtschaftskrise, war niemand angestellt:

Zu Zeiten des Wirtschaftswunders in den 1950er Jahren bis zur Schließung beschäftigte die Brauerei Salch durchschnittlich 10 Mitarbeiter ; weil schönes Wetter immer auch eine erhöhte Nachfrage nach Bier und Limonade bedeutete, waren Schüler und Studenten, die sich in den Ferien etwas dazu verdienen wollten, stets eine willkommene Unterstützung für die Brauerei Salch. Von den in den 80er Jahren 13 ständig Beschäftigten lieferten vier Kraftfahrer mit zwei Beifahrern aus, vier Arbeiter betreuten den Gärkeller, einer bediente Kunden und belud die Brauerei-Fahrzeuge auf dem Hof. Im Büro arbeiteten zwei Angestellte. An den Abfülltagen wurden zwei- bis dreimal wöchentlich zusätzlich zwei Frauen beschäftigt.
Die Arbeitsbedingungen für einen Brauerei-Arbeiter Anfang des letzten Jahrhunderts sind mit den heutigen nicht zu vergleichen. Ohne Hilfsmittel, etwa zum Befördern vom Fässern und Kisten, benötigten Brauerei-Arbeiter jede Menge Muskelkraft. Die Wochenarbeitszeit betrug nicht selten rund 60 Stunden . Auch Ende des letzten Jahrhunderts war die Arbeit bei einer Brauerei noch ein „Knochenjob“.
Die vier Bierfahrer waren die ganze Woche über unterwegs und versorgten Gaststätten, Einrichtungen der Standortverwaltung der Bundeswehr auf dem Truppenübungsplatz, Baustellen und später auch Privatkunden . Baustellen und das Lager Hammelburg wurden täglich angefahren, manchmal sogar zweimal am Tag. Gaststätten wurden in der Regel an einem bestimmten oder, wenn notwendig, auch an mehreren Tagen in der Woche beliefert. Bestellungen der Wirte nahm entweder der Fahrer auf, oder aber der Wirt wandte sich direkt an das Büro der Brauerei Salch. Bis weit in die 60er Jahre hinein kamen Gastwirte meist persönlich ins Büro der Brauerei , um dort ihre Bestellung abzugeben.
Hygiene ist in jeder Brauerei äußerst wichtig: Ständig müssen Bottiche, Fässer, Fla-schen und die zur Herstellung von Bier benötigten Geräte gereinigt und desinfiziert werden. Ansonsten widerspräche das Bier nicht nur den lebensmittelrechtlichen Auflagen, sondern es wäre überdies mit Sicherheit auch nicht genießbar. Wegen der hohen hygienischen Standards bezeichnen sich Brauer manchmal auch als „bessere Putzfrau“.
Eine andere wichtige Aufgabe beim Brauen besteht darin, die vielen einzelnen Vorgänge genau zu überwachen, um sofort auch schon kleinste Abweichungen von der Norm feststellen zu können. Ein Produktionsschritt, bei dem dies von großer Bedeutung ist, ist das Filtereiführen. Beim Filtereiführen, dem Befüllen von Drucktanks mit ausgegorenem Bier, achtet der Brauer genau darauf, dass das Bier klar läuft, d.h. nicht trüb, also ohne Rückstände jeglicher Art, um es im richtigen Moment, wenn der jeweilige Drucktank gefüllt ist, auf einen anderen Tank umzustellen . Filtereiführen ist also das Umfüllen von fertig gegorenem Bier auf die Drucktanks über die Filteranlage.
Die Brauerei Salch war stets auch ein Ausbildungsbetrieb, der das Brauerhandwerk an junge Menschen weiter vermittelte. Schon Johann Salch war befugt, Lehrlinge auszu-bilden. Als Alois Salch die Brauerei Mitte der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts übernahm, brachte der Betrieb mehrere Bezirks-, Landes- sowie zwei Bundessieger her-vor. Die Lehrlinge der Brauerei Salch waren sehr gefragt.



1.6 Kunden

Kunde der Brauerei Salch war in erster Linie die brauereieigene Gaststätte. Erst als auch Wirte anderer Gastwirtschaften das in der Schankwirtschaft Salch ausgeschenkte Bier haben wollten, entwickelte sich die Brauerei Salch zu einer Brauerei mit einem festen Kundenstamm. Sie wurde im Jahr 1890 eigenständig und versorgte ab diesem Zeitpunkt auch andere Gaststätten. Wer damals zu den Kunden der Brauerei Salch zählte, lässt sich heute nicht mehr zweifelsfrei feststellen. Denn Aufzeichnungen hierzu gibt es nicht mehr. Festzuhalten bleibt allerdings, dass zu dieser Zeit ausschließlich Wirte Kunden der Brauerei waren. Privatkunden gab es nicht. Damals ging der Durstige in die Gaststätte oder holte sich von dort sein Bier, da es sich nur wenige leisten konnten, Bier auf Vorrat zu haben. Zudem war der von den Wirten aufgeschlagene Betrag verschwindend gering und ist mit dem heutigen Preisunterschied nicht zu vergleichen. Im Gespräch mit meinen Großeltern konnte ich feststellen, welche Wirte schon sehr lange, das heißt vor dem Zweiten Weltkrieg oder seit Beginn an von der Brauerei beliefert wurden und wer später noch hinzu kam. In Hammelburg belieferte die Brauerei Salch wahrscheinlich von 1890 an folgende Gasthäuser: Schreiner Martin, Schnabel Georg, Kron Michael, Binmöller Josef (Gasthaus zur Sonne), Löhmer Johann, Heil Michael, Tänzl Barbara, Schützengesellschaft, Turnerbund und Biffar-Schloß-Saaleck. 1950 kamen noch Englert Karl (Gasthaus zum Hirschen) und Emmert Johann (Gasthaus zum Engel) hinzu, und 1939 Gößmann Alois.
Weiter zählten noch das Gasthaus der Familie Remling (Diebach ab 1950), Neeb Franz (Elfershausen ab 1901), Emil Ackermann (Feuerthal von 1926-1960), Johann Brust (Obererthal), Löser Johann (später Hofmann, Obereschenbach seit 1897), Franz Josef (Pfaffenhausen seit 1897), Betz Philipp (Schwärzelbach seit 1891), Neder Otto (Thulba von 1920 bis 1995), Gasthaus zum Hirschen, Aussiedlerhof Waldfrieden (von 1939 bis 1965, Untererthal) und Karl Glück (Wartmannsroth seit 1950) zu den Kunden der Brau-erei Salch. Später wurde weit über die Grenzen des ehemaligen Landkreises Hammelburg hinaus Salch-Bier getrunken. Ab den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts kauften dann immer mehr Privatkunden bei den Brauereien ihr Bier, so auch bei der Brauerei Salch. Ein weiterer Großkunde waren die Bundeswehr sowie die Standortverwaltung im Lager Hammelburg. Dorthin wurden mitunter täglich mehrere Fuhren Bier geliefert. Ebenso wurden Bauunternehmen direkt auf ihren Baustellen von der Brauerei beliefert. Andere Kunden, die gleichfalls direkt beliefert wurden, waren etwa die Stadtpolizei Hammelburg. Natürlich orderten die Ordnungshüter bei weitem nicht die Mengen an Bier wie die beiden zuvor genannten Großkunden.

1.7 Ausstoßentwicklung

Der Bierausstoß der Brauerei Salch, d.h. die Produktion der Brauerei Salch, lässt sich wie die Mitarbeiterzahl nicht lückenlos darstellen. Zweifelsfrei kann man jedoch festhalten, dass sich der Ausstoß im Laufe der Zeit erhöhte und zum Schluss rund 14000 hl pro Jahr betrug. Weiter ist überliefert, dass vor dem Krieg der Ausstoß nur rund 3000 hl pro Jahr betrug.




2. Die Gründungsphase 1863-1887


Johann Salch wurde am 10. Juni 1863 in Löffelstelzen bei Mergentheim im damaligen Königreich Württemberg geboren. 1879 begann er eine Lehre als Brauer und Mälzer. Wo und in welcher Brauerei der damals 16-Jährige seine Ausbildung absolvierte, ist nicht überliefert. Im Jahr 1881 schloss Johann Salch die Lehre jedenfalls ab. Später verließ er sein Heimatdorf (Zeitpunkt nicht überliefert), um in Würzburg als Küfer sein Geld zu verdienen. Dort lernte er auch seine spätere Frau, die aus Kitzingen stammende Maria Zürlein, kennen. Die beiden trafen sich öfters im Gasthaus Stachel. Das Lokal lag von Johann Salchs Arbeitsstätte aus gesehen am gegenüberliegenden Mainufer. Dort verbrachte er oft seine Mittagspausen, denn in diesem Gasthaus war Maria Zürlein als Küchenhilfe beschäftigt. Mit ihr zog er 1886 nach Hammelburg, wo er ein Gasthaus eröffnen und heiraten wollte. Ein passendes Anwesen fand er in der Oberen Gasse, heutige Kissinger Straße 25, wo er von dem Wirt und Metzger Simon die entsprechenden Räume pachtete, um dort seine Wirtschaft zu betreiben. Gleichzeitig ersuchte er um eine Gastwirtschaftskonzession und erhielt diese letztlich auch. Im vorderen Teil des Anwesens in der Oberen Gasse betrieb Johann Salch von nun an eine Gastwirtschaft. Im hinteren Teil des Anwesens bestand die Metzgerei Simon weiter. Als sich das junge Paar seinerzeit nach einer Wirtschaft umsah, wurde ihm abgeraten, sich in der unter-fränkischen Kleinstadt als Wirte niederzulassen. Grund war die Tatsache, dass in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts die Zahl der Gastwirtschaften im Alt-Landkreis Hammelburg drastisch zugenommen hatte, da eine Vielzahl neuer Gastwirtschaftskonzessio-nen erteilt worden waren. Außerdem galten die Einwohner Hammelburgs nicht als besonders kaufkräftig. Denn in der kleinen Stadt wurde vornehmlich Weinbau betrieben und der wiederum galt nicht als sehr rentabel.
„Unbeirrt und mit Mut und Gottvertrauen“ betrieb das junge, nun verheiratete Paar dennoch sein Gasthaus in Hammelburg. 1887 kaufte der Jungunternehmer Johann Salch dem Metzgermeister Simon sein Anwesen ab, da dieser nach Amerika auswandern wollte. Weiterhin ist überliefert, dass Johann Salch kurzerhand seinen Cousin Alfons Salch, ebenfalls Brauer, nach Hammelburg holte, weil ihm das von der Brauerei Felsen-keller gelieferte Bier geschmacklich nicht zusagte. Zusammen mit seinem Cousin traf er nun Vorbereitungen, die nötig waren, um eigenes Bier in der Kommunenbrauerei brauen zu können. Somit braute Johann Salch sein Bier im städtischen Brauhaus, um es anschließend in einem Fuhrfass, welches sich heute im Besitz des Heimatmuseums befindet, in die heimische Lagerstätte zu fahren. Die Lagerstätte war ein Keller, der sich unter seinem neuen Anwesen in der Oberen Gasse befand.



3. Braubeginn und Ausbau des Betriebes 1887-1906

3.1 Errichten einer Brauerei 1889

Im Jahr 1887 braute der Gastwirt Johann Salch ausschließlich für seine Wirtschaft. Das Gasthaus erfreute sich bald nach seiner Eröffnung großer Beliebtheit unter den Hammelburgern. Tagaus tagein kamen regelmäßig Gäste und verbrachten hier ihren Feierabend oder einfach ein paar gemütliche Stunden bei Hausmannskost und gutem Bier. Schon bald musste Johann Salch aufgrund der hohen Nachfrage seinen Betrieb vergrößern, da nun auch andere Wirte sein Bier ausschenken wollten. 1890 wurde er eigenständig und begann dann Bier in weit größeren Mengen als noch zuvor zu brauen, um die anderen Gastwirtschaften beliefern zu können. Um den erforderlichen Produktionsanstieg zu meistern, reichte er schon 1889 den Bauantrag zur Errichtung einer Brauerei in seiner Scheune bei der Stadt ein. Nachdem er den Bauantrag gestellt hatte, erließ das Brandschutzamt in Karlstadt mehrere Auflagen. Denn nach dem verheerenden Stadtbrand von 1854, vor damals gerade mal etwas mehr als dreißig Jahren, war die Angst vor einer erneuten Brandkatastrophe allgegenwärtig. Dem Bauherrn Johann Salch wurden eine ganze Reihe strenger Brandschutzauflagen gemacht:
„1. Umfassungs- und Giebelwände sind aus massivem Mauerwerk herzustellen.
2. Die beiden Giebelwände sind als Brandmauern ohne jede Öffnung bis über das Dach reichend auszuführen.
3. Das ganze Stockwerk-Brauerei Stallung Vorplatz ist feuersicher zu unterwölben.
4. Der massiv zu fundierende mit glatten Steinen zu umrundende Kamin ist so hoch über die Firstlinie auszuführen und innen und außen gut zu verputzen.
5. Das Dach ist feuersicher einzudecken.“
Der zu dieser Zeit zuständige Königliche Brandschutzinspektor Hanzelmann war of-fensichtlich sehr streng und kontrollierte jede in seinem Zuständigkeitsbereich fallende Neuerung selbst. Nach dem Umbau besuchte er die kleine Brauerei, um zu überprüfen, ob die von ihm erteilten Auflagen auch erfüllt wurden. Dabei stellte er folgende Mängel fest:
„1. Die in die Brandmauer reichenden Holzteile sind zu entfernen.
2. Zwischen Brauhaus und Scheune ist eine vorschriftsmäßige Trennung der Dachvor-sprünge durchzuführen.
3. Der Kamin ist hoch über die Firstlinie des Brauhauses zu führen.“
Dieser Befund wurde am 7. Mai 1889 verfasst und dem Bauherrn wurde nun bis Juni des selben Jahres Zeit gegeben, um die Mängel zu beheben. Am 16. Juni meldete Herr Hanzelmann die Beseitigung der Mängel an die Stadt. Johann Salch durfte nun in seinem Anwesen Bier herstellen. In einem Teil einer Scheune seines Anwesens, neben einer Stallung, schuf er Platz für eine Feuerstelle und einen Sudkessel, um dort sein erstes eigenes Bier zu brauen. Damit war der Hammelburger Brauer nicht mehr vom städt-schen Brauhaus und dessen Brauzeiten abhängig. Das Geld für den Umbau hatte Johann Salch zum Teil gespart, Aber natürlich auch durch den Gewinn erworben, den er mit der Gaststätte erwirtschaftete. Mit dem Umbau beauftragte er das schon damals ortsansässige Bauunternehmen Johann Ambros Bindrum.



3.2 Bau des ersten Eiskellers 1892


Doch auch diese Expansion reichte auf die Dauer nicht. So errichtete Johann Salch 1892 einen Eiskeller, um sein Bier besser lagern zu können. Der Vorteil für den Unternehmer bestand darin, dass er den Gerstensaft nun länger haltbar machen konnte, da Eis, welches Tagelöhner aus der zugefrorenen Saale im Winter schlugen, nun in seinem Eiskeller gelagert werden konnte. Somit hatte er auch im Sommer immer genügend Eis auf Vorrat, um nicht mehr auf das Eis der Brauerei Felsenkeller oder Eis anderer Lager-stätten angewiesen zu sein. Die Nachfrage nach Bier aus der Brauerei Salch stieg im Zuge der Eröffnung des Truppenübungsplatzes Hammelburgs 1894 drastisch an, denn die Soldaten gaben ihren Sold in den Gastwirtschaften der kleinen Stadt aus. An freien Tagen strömten die jungen Männer in Scharen in die Stadt. Die Schankwirtschaften waren überfüllt und machten einen glänzenden Umsatz.

3.3 Investition in neue Technik: Kauf eines Dampfmotors 1897

Technischer Fortschritt, um dem neuerlichen Anstieg der Nachfrage standzuhalten, zog im Hause Salch erst im Jahr 1897 ein. Bis dahin wurden alle Arbeiten mit der Hand ausgeführt. Die Maische wurde mit einem Maischscheid, ähnlich einem überdimensionalen Löffel gerührt, der Sud mit Fässern in den Keller getragen, die Fässer mühsam von Arbeitern auf Wägen verladen. Damit hatte es 1897 ein Ende. Der Gastwirt und Brauer Johann Salch kaufte einen Dampfmotor, um wenigstens das Rühren der Maische maschinell betreiben zu können. Die durch den Dampfmotor erzeugten Drehbewegungen wurden durch Transmissionswellen und –bänder auf ein Rührwerk am Maischebottich übertragen, um dem Brauer und Gastwirt die tägliche Arbeit des Rührens zu erleichtern. Die Erleichterung für Johann Salch war abermals mit Arbeit und Ärger verbunden. Die Stadt und das Brandschutzamt erteilten ihm wieder eine Reihe von Auflagen, die jedoch nicht lohnen, genauer erläutert zu werden, da sie sich im Wesentlichen nicht von den bereits genannten Brandschutzauflagen unterscheiden. Aus den Bauplänen geht ein weiterer interessanter Aspekt hervor. Johann Salch ließ die Wand zur Stallung in seinem Anwesen abreißen, um Platz für den neuen Dampfmotor zu schaffen. Die Größe seiner Produktionsstätte stieg somit von 40m² auf 78m². Wie auch schon bei der Baumaßnahme zuvor war das Bauunternehmen Bindrum damit beauftragt worden. Die finanziellen Mittel, die für den Umbau benötigt wurden, stammten aus Reserven, die sich Johann Salch in der Blütezeit seiner Schankwirtschaft zurückgelegt hatte.

3.4 Bau einer Fasshalle, eines Lager- und eines weiteren Eiskellers 1898

Nur ein Jahr später, 1898, vergrößerte sich das Familienunternehmen erneut. Der wenige Jahre zuvor eingerichtete Eiskeller reichte nicht mehr aus, um das benötigte Eis zu lagern. Außerdem war auch der Platz zur Lagerung und zum Vergären des Bieres in der Oberen Gasse beschränkt. Johann Salch musste sich nun nach einem neuen geeigneten Grundstück umschauen und wurde am damaligen Stadtrand fündig. Dort verkaufte ihm ein Kaufmann namens Forster seine Lagerstätten und das Grundstück um die Lagerhalle herum; dieses befindet sich am Rothen Kreuze , in der heutigen Rote-Kreuz-Straße. Johann Salch ließ dort im Jahr 1898 einen Eiskeller und mehrere Lagerkeller errichten. Darüber entstand aus der Lagerstätte des Kaufmanns die Fasshalle. Mit den Bauarbeiten wurde wieder die Firma Bindrum beauftragt, die auch in den folgenden Jahren bei Umbauten immer wieder zum Zuge kam. Die Lagerstätten von Eis und Bier waren in der Oberen Gasse in zwei kleinere Keller aufgeteilt. Der Lagerkeller war 120m² groß, die Fläche des Eiskellers betrug 154m². In dem neu gekauften Anwesen am Rothen Kreuze war nur ein großer Keller vorhanden. Dieser erstreckte sich auf einer Fläche von 600m² und war in vier Bereiche aufgeteilt. Ein 200m² großer Bereich war für die Lagerung von Bier in Fässern vorgesehen. Der Vorraum im Keller hatte eine Fläche von 100m². Der Eiskeller erstreckte sich über zwei Etagen: Die Kellerebene und das Erdgeschoss. Die Grundfläche betrug 200m², der noch zu beschreibende Gärkeller war 10 Meter breit und 10 Meter lang. Ferner bot die Expansion für Johann Salch noch die Möglichkeit, die Lagerhalle des Kaufmanns Forster als Fasshalle zu nutzen. Diese Lagerstätte hatte noch einmal eine Grundfläche von 300m². Alles in allem bedeutete dies eine Vergrößerung der Lagerungskapazitäten von Eis und Bier um fast das Dreifache.



3.5 Sudhausbau 1905

Die nächste anstehende Vergrößerung war zwangsläufig die Umsiedlung der Braustätte von der Oberen Gasse zum Anwesen am Rothen Kreuze. Dies wurde notwendig, da der Umsatz des Unternehmens immer weiter anstieg und die Menge an Bier in der kleinen Braustätte in der Oberen Gasse fast nicht mehr zu bewältigen war. Außerdem war der Bau eines Sudhauses notwendig, weil der Transport mit dem Fuhrfass in die Lagerstätten am Rothen Kreuze zu zeitaufwendig war und darüber hinaus Bakterien den frischen Sud negativ beeinflussen konnten. 1904 wurde der Bauantrag gestellt. Die Stadt erteilte dem Bauherrn wieder eine Reihe von Auflagen zum Brandschutz, die sich allerdings kaum von denen unterscheiden, die ihm schon 1889 auferlegt worden waren. Wie auch heutzutage üblich, musste jedes Bauvorhaben mit den Nachbarn abgesprochen und deren Zustimmung eingeholt werden. Als der Nachbar Anton Winter zum Baugesuch von Johann Salch befragt wurde, erteilte er seine Zustimmung nur unter einer Reihe von Bedingungen, welche er zuvor dem Stadtmagistrat in einem Schreiben mitgeteilt hatte. In einem Brief vom 25. Januar 1905 drang er darauf, dass die Grenzen seines Grundstücks genau einzuhalten seien und eine genaue Festlegung der Baulinie der Straße vor Baubeginn zu erfolgen habe. Daraufhin musste das Königliche Bezirksamt Hammelburg die Baulinie am Rothen Kreuze bis zur Westheimer Straße festsetzen. Dies geschah mit Stadtratsbeschluss vom 20.2.1905. Ferner verfügte der Bezirksamtsdiener Winter , dass keinerlei Wasserablauf auf sein Grundstück geleitet werden solle, sowie kein Holz oder Stein auf seinem Grundstück gelagert werden dürfe. Außerdem bestand er darauf, dass niemand sein Grundstück betreten dürfe. Winter hielt außerdem schriftlich fest, dass in Richtung seines Grundstücks „weder das Öffnen, noch das Durchblicken [von Fenstern] möglich ist“ . Der Tierarzt wollte auch, dass man einen Funkenfänger am Kamin des Sudhauses anbringe, da Rauch- Ruß- und Funkenflug vermieden werden sollte. Nach Abschluss des Baus beschwerte sich der Bezirksamtsdiener erneut, da kein Zaun „gegen sein Acker“ angebracht war und sich auch kein „Rauch- und Funkenabzug“ am Kamin befand. Daraufhin musste die Stadt den Bezirksbaumeister Deppisch zur Überprüfung der Beschwerden zum Salchschen Anwesen schicken. Das Bezirksamt verfügte dann jedoch am 12. Januar 1912, dass es nicht nötig sei, einen Funkenfänger anzubringen. Denn eine „Belästigung der Nachbarschaft im Sinne des §17 Abs. 1 d. D.B.O“ sei nicht gegeben. Darüber hinaus stellte der Bezirksbaumeister Deppisch fest, dass das Salchsche Anwesen „nirgends ebenerdig“ an den Acker von Winter anstieß. Der Sudhausbau brachte für den Gastwirt Johann Salch natürlich nicht nur negative Folgen mit sich. Ganz im Gegenteil: Der eigentliche Vorteil beim Sudhausbau war natürlich der, dass ihm von nun an das Brauen in ganz anderen Dimensionen ermöglicht wurde als noch zuvor in der Oberen Gasse, der heutigen Kissinger Straße. Die Verbesserung beim Brauen aufgrund des Einsatzes von Maschinen wurde bereits in 1. anhand der Baupläne beschrieben. Mit der Errichtung des Sudhauses wurde auch der Garten des Grundstückes am Rothen Kreuze als Gartenwirtschaft genutzt. Diese war, genau wie die Brauereigaststätte, im Sommer eine lukrative Einnahmequelle. Das Bild rechts unten zeigt die Frau von Xaver Goth (1. Bierfahrer) ; mit ihr betrieb er im Sommer die Gartenwirtschaft.

3.6 Generationenwechsel: Hans Salch übernimmt die Brauerei 1926


Die Brauerei Salch sollte ursprünglich dem ältesten Sohn Alois Salch vererbt werden. Dieser starb jedoch schon 1909, im Alter von 19 Jahren, an einer Lungenkrankheit. Als 1926 Johann Salch, der ursprüngliche Eigentümer, verstarb, wurden die Brauerei und die Gastwirtschaft erst seiner Frau Maria Salch überschrieben. Der einzige noch lebende Sohn, Hans Salch, der in Würzburg Eisenkaufmann bei der Firma Barth gelernt hatte und nun in Breslau arbeitete, sollte deshalb die Brauerei führen. Doch Hans Salch musste erst noch das Brauhandwerk erlernen und seinen Meister machen, um als Braumeister tätig zu sein. Die Gastwirtschaft ging nach den Tod Maria Salchs in den Besitz zweier Geschwister Hans Salchs (1. und 3. von links im Bild) über. Zum gleichen Zeitpunkt bekamen die Brauerei zunächst vier Schwestern von Hans Salch, da Hans Salch eine evangelische Frau geheiratet hatte, was damals verpönt war. Erst nach der Geburt eines männlichen Erben überschrieb man Hans Salch die Brauerei.




4. Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen für die Brauerei Salch

4.1 Arbeitskräftemangel und Kriegsgefangene


Der Zweite Weltkrieg und die NSDAP hinterließen natürlich auch gravierende Folgen in der Kleinstadt Hammelburg und bei den dort ansässigen Betrieben, so auch bei der Brauerei Salch. Von 1933 an veränderte das NS-Regime den gewohnten Trott der Bürger; so führten die Parteigenossen z.B. neue Betriebslizenzierungen und Volkszählungen durch. Auch das gewohnte Verhalten der Menschen änderte sich in der Zeit ab 1939 grundlegend; so tranken die Bürger Hammelburgs weniger Bier, sie gingen, anders als noch in Friedenszeiten, seltener in die Wirtschaften und gaben ihr Geld nur für das Notwendigste aus – Bier zählte nicht dazu. Da im Verlauf des Krieges immer mehr Männer an die Front geschickt wurden, ging auch die Nachfrage nach den Gerstensaft der Brauerei Salch stetig zurück. Aus dem gleichen Grund entstand ein Arbeitermangel in den Betrieben Deutschlands, so auch bei der Brauerei Salch (das Bild oben rechts zeigt die Mitarbeiter der Brauerei Salch, die nun eingezogen wurden, in Uniform). Dadurch gestaltete sich das Bierbrauen zunehmend schwieriger. Ab dem Jahr 1941 erhielten nur noch Hans Salch und dessen Sohn, Alois, den Betrieb notdürftig am Leben. Aufgrund dieser Situation bekam die Brauerei ab Ende 1941, wie viele andere Betriebe in Hammelburg auch, einen Kriegsgefangenen zugeteilt. (links im Bild)

Es handelte sich um den belgischen Soldaten Karl Leroj. Dieser musste von seiner Unterkunft, dem Gefängnis, frühmorgens abgeholt und nach getaner Arbeit wieder dorthin zurück gebracht werden. Bei anderen Betrieben wurden die Kriegsgefangenen zu Arbeitsbeginn gebracht und abends wieder abgeholt, doch dies war beim Kriegsge-fangenen für die Brauerei nicht sinnvoll, da der Arbeitsbeginn nicht wie sonst üblich um 8 Uhr war, sondern schon um 5 Uhr. Das Abholen und nach-„Hause“-Bringen führte meist der damals 10-jährige Sohn des Braumeisters Alois aus. Manchmal ging der Kriegsgefangene sogar alleine zur Arbeit – man nahm es offensichtlich nicht ganz so genau mit den strengen Vorschriften. Später schlief Karl Leroj sogar im Haus der Bierbrauerfamilie. Und im Laufe der Zeit entstand ein recht gutes Verhältnis zwischen dem Gefangenen aus Belgien und der Familie Salch. Karl aß sogar immer mit am Tisch von Hans Salch, was allerdings den Parteifunktionären der NSDAP, die dies in Erfahrung gebracht hatten, gar nicht gefiel.
Auch eine kleine Anekdote von dem belgischen Kriegsgefangenen aus seiner Zeit in Hammelburg ist überliefert: Als gegen Ende des Krieges das Bier wegen Benzinmangels wieder mit Pferden ausgefahren wurde, holte der belgische Kriegsgefangene öfters eines der Rösser bei der Spedition Schneider selbstständig und alleine ab; dabei nannte er sich immer scherzhaft Gau(l)leiter. Der Witz blieb, anders als in vielen anderen Fällen damals, in denen die NS-Partei und deren Repräsentanten aufs Korn genommen wurden, für den Belgier glücklicherweise folgenlos.
Nach dem Zweiten Weltkrieg besuchte die Familie Salch Karl Leroj viele Male in seiner Heimat, und der ehemalige Kriegsgefangene war in den Nachkriegsjahren bis zu seinem Tode oft zu Gast in Hammelburg.



4.2 Rohstoffknappheit und die Folgen: Das Dünnbier

Mit zunehmender Dauer des Kriegs verschlechterte sich die Rohstofflage zusehends. Malz wurde knapp, ebenso die Kohle zum Befeuern des Sudkessels. Auch Benzin gab es kaum noch, weshalb in manche Autos Holzvergaser eingebaut wurden.
Während der Kriegszeiten arbeitete man auch mit der Spedition Schäfer zusammen, die Waren von der Bahn abholte und diese an die Brauerei lieferte, da man aus Arbeiter- und Benzinmangel die Waren nicht selbst abholen konnte, des Weiteren lieferte die Spedition Schäfer auch Bier aus, wenn die Spedition Schneider ausgebucht war.
Schließlich wurde angesichts von Nahrungsmittelengpässen Gerste nicht mehr nur zum Brauen verwendet, sondern auch um Nahrung daraus herzustellen. Hochwertiges Malz zum Brauen zu bekommen wurde immer schwieriger. Beim Hopfen, der zudem weniger angebaut wurde, weil man die bestehenden Felder hauptsächlich mit Grundnahrungs-mitteln bepflanzte, war es ähnlich. So wurde anstelle von 12% Stammwürzegehalt am Ende des Zweiten Weltkrieges nunmehr Bier mit einem Stammwürzegehalt von nur noch 1 bis 2% hergestellt, da dieses stark mit Wasser verdünnt wurde.



5. Vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum letzten Sud im-Jahr 1996

5.1 Die Zeit vor der Währungsreform


In der Nachkriegszeit kam die deutsche Wirtschaft nur schleppend in Gang. Hans Salch war davon genauso wie jeder andere Unternehmer in Deutschland betroffen. Einziger unternehmerischer Lichtblick in den Nachkriegswirren war, dass die amerikanischen Besatzungstruppen rege das in der Brauerei gelagerte Eis kauften. Die Truppen der US-Armee besorgten dafür auch das Braumalz für die Brauerei aus Karlstadt.

5.2 Von der Währungsreform bis zum ,Wirtschaftswunder´

Die Währungsreform bescherte der Industrie und Baubranche in Deutschland einen da-mals kurze Zeit zuvor noch nicht für möglich gehaltenen Aufschwung. Der kam auch den Brauereien zugute. Denn Bier wurde überall getrunken, auf den vielen Baustellen im Land ebenso wie in den Fabriken. Und auch ein Gastwirtschaftsbesuch nach der Arbeit war zu dieser Zeit noch etwas Selbstverständliches.
In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts begannen die Unternehmer in Hammelburg mit der Werbung für ihr Produkt: „Es hat damals jeder gemacht.“ Auch die Brauerei Salch folgte diesem Trend und arbeitete fortan mit dem Grafiker Eugen Weiß zusammen. Er ließ sich für den damaligen Zeitgeschmack pfiffige Slogans einfallen, wie „Bleib bei Salch Bier“ oder „Wenn Flocken sinken - Salch Bier trinken“ und zeichnete Werbebilder.
Als Hans Salch 1954 starb, wurde die Brauerei auf Alois Salch, den einzigen Sohn überschrieben. Nach dessen Abitur im Jahr 1951 vertiefte der damals 20-Jährige im Hofbräuhaus Dillingen an der Donau seine Kenntnisse über das Brauhandwerk und legte dort nach einem Jahr die Gesellenprüfung ab. Danach studierte Alois Salch in Weihenstephan bei München Brauwissenschaften und schloss sein Studium als Diplom-braumeister ab. Schon kurz nach dem Tod seines Vaters stand der 23-Jährige somit vor der großen Herausforderung, von nun selbst eine Brauerei zu führen.

5.3 Sudhausumbau 1968

Die gestiegene Nachfrage bedingte, dass auch die Brauerei 1968 von Grund auf moder-nisiert wurde. Die Firma Ziemann, Spezialist für Sudwerke aus Stuttgart-Feuerbach baute im März desselben Jahres zwei neue Sudkessel ein. Diese waren nicht mehr wie die früheren aus Eisen, sondern aus Kupfer. Kupfer war leichter sauber zu halten und obendrein optisch viel ansprechender als ein Eisenkessel. Außerdem wurde die Befeuerung der Sudkessel von Kohle auf Öl umgestellt. Dies ermöglichte ein einfacheres Heizen, da nun gezieltes Steuern der Temperatur möglich war. Auch die Kühlung der Würze wurde erneuert. Hier vollzog sich sogar eine wahre Revolution. Denn die Würze wurde nicht mehr wie früher auf ein Kühlschiff oder auf einen Berieselungskühler gelei-tet, um sie zu kühlen, sondern direkt auf einen sogenannten Plattenkühler, der geschlos-sen und mit Kühlflüssigkeit arbeitete.
Durch diese technische Revolution wurde die Gefahr der Infektion des Bieres minimiert. Denn bei der einst üblichen offenen Kühlung konnten Milchsäurebakterien oder ähnliche Erreger den Geschmack und die Haltbarkeit des Bieres erheblich beeinträchtigen. Eine weitere, grundlegende Neuerung stellte auch der Einsatz von Elektromotoren dar. Die in der Vergangenheit durch Transmissionsriemen angetriebenen Maschinen wurden nun alle durch Elektromotoren ersetzt, die effektiver waren und zudem nicht so häufig gewartet werden mussten wie die Maschinen mit Transmissionsriemen. Im Zuge der Modernisierung der Brauerei wurde auch eine neue Schrotmühle angeschafft, die das Malz schonender schrotete, was sich wiederum auf das Bier positiv auswirkte.



5.4 Von 1960 bis zur Einstellung des Braubetriebes

Angesichts des wirtschaftlichen Aufschwungs verlangten die Inhaber vieler Gasthäuser eine nagelneue Einrichtung. Auch sie wollten „auf den Zug der Zeit aufspringen und alles modernisieren“. Für die Brauerei Salch bedeutete dies, dass sie einen großen Teil ihres Gewinns in neue Tische und Stühle für ihre Wirtskunden investieren musste. Denn es war üblich, den Gastwirtschaften den Umbau mitzufinanzieren. Im Laufe von nur fünf Jahren von 1957 bis 1962 half die Brauerei rund dreißig Gaststätten und Vereinen, ihre Räume neu einzurichten. Als 1962 in Hammelburg Brunnen für die Gärtnereien gebohrt wurden, nutzte Alois Salchs Frau Maria, die inzwischen als Geschäftsfüh-rerin in dem Unternehmen arbeitete, die Gunst der Stunde und vereinbarte mit der Bohrfirma eine Brunnenbohrung auf dem Grundstück an der Rot-Kreuz-Straße. Die Bohrung war notwendig, weil das Wasser aus dem städtischen Brunnen bei freiwilligen Überprü-fungen immer als „an der Grenze des Genießbaren“ von der TU München, Fakultät für Brauwesen in Weihenstephan, bezeichnet wurde. Zudem lieferte der eigene Brunnen zu wenig Wasser. Bei den Bohrungen für den neuen Brunnen der Brauerei Salch stieß man in einer Tiefe von 78 Metern auf Wasser. Das Wasser aus der neuen Quelle hatte einen viel günstigeren Härtegrad als das aus dem städtischen Brunnen; nachdem man es anfänglich ausschließlich zur Bierherstellung verwendete, diente es ab den 80er Jahren auch zur Produktion von Limonade .
1963 siedelte sich die Firma Temco (eine Kugellagerfabrik) in Hammelburg an und orderte für die betriebseigene Kantine Bier aus der Brauerei Salch und „irgendeine Limonade“. Weil die Limonaden der Hammelburger Limonadenhersteller den Kantinenbetreibern nicht zusagten, entschloss sich das Unternehmerehepaar Salch, Limonade von der Kaiser-Friedrich-Quelle AG aus Offenbach zu beziehen. Dadurch wurde die Brauerei Salch auch zu einem Limonadenhändler. Die Limonade wurde von nun an zu einem zweiten Standbein der Brauerei Salch.
Nachdem die Familie Salch den Platz der Gartenwirtschaft benötigte, um ein Haus zu bauen, schloss man die Gartenwirtschaft 1963.
Ebenso führte die Familie Salch ab 1970 nicht mehr die Brauereigaststätte, stattdessen wurde sie von nun an bis zur ihrer Schließung 1995 verpachtet.
Durch die vielen Feste von Vereinen war zu jener Zeit eine ständig steigende Nachfrage nach Bier zu verzeichnen. Das hatte zur Folge, dass die Brauerei florierte. 1978 wurde deshalb die Lagerhalle aufgestockt, um mehr Platz für die Lagerung von Biertischen und Bierbänken und anderen Dingen zur Verfügung zu haben. Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts begann die Brauerei Salch dann ihre eigene Limonade herzustellen. Denn die Nachfrage nach Bier ging in jener Zeit plötzlich immer mehr zurück. Zur Herstellung der Limonade wurde natürlich das Wasser aus dem betriebseigenen Brunnen verwendet; lediglich der Limonadengrundstoff und Zucker wurden zugekauft. Somit verlegte sich die Brauerei Salch neben der Bierproduktion auch auf die Produktion dreier verschiedener Sorten Limonade (Cola-Mix, Zitrone und Orange). Die Brausegetränke entwickelten sich bald zu einer florierenden Geschäftssparte der Brauerei Salch.
Noch zu Beginn der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts erzielte die Brauerei Salch in der Geschichte ihres 120-jährigen Bestehens ihre größten Umsätze – wozu der Verkauf von Limonade wesentlich beitrug.



6. Ursachen für die Schließung der Brauerei

In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde die Preisbindung in Deutschland abgeschafft. Nun konnten Brauereien, wie alle Hersteller von Lebensmitteln, den Preis für ihre Ware, das Bier, selbst festsetzen. Damit bot sich die Möglichkeit, den Gewinn zu steigern. Allerdings achteten nach dem Wegfall der Preisbindung die Verbraucher auch mehr auf den Preis und weniger auf die Qualität eines Produkts. Dies wirkte sich vor allem in Hammelburg aus. Denn mit der Zeit wohnten immer weniger Menschen im Ort, die aus Hammelburg stammten; dies wiederum hatte zur Folge, dass potentielle Kunden beim Einkauf auch nicht das Bier aus der Stadt Hammelburg bevorzugten.
Ein weiterer Grund, der zur Schließung der Brauerei Salch führte, war die Ansiedlung von Getränkemärkten in Hammelburg Mitte der 80er Jahre. Die Betreiber kauften Flaschenbier bei großen Brauereien und waren in der Lage, es günstig weiterzuverkaufen, da sie keine Produktions- und Mitarbeiterkosten aufbringen mussten.
Auch die Werbung im Fernsehen entwickelte sich im Nachkriegs-Deutschland zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor, der für die Kaufentscheidung potentieller Kunden nicht zu unterschätzen ist. Groß-Brauereien wollten deutschland- oder sogar weltweit ihr Bier vertreiben und forcierten deshalb die Werbung für ihr Produkt. Dadurch wurde die Nachfrage nach Bier gerade großer Brauereien gesteigert; zwangsläufig wirkte sich das auch auf den Umsatz kleinerer Braubetriebe aus.
Nicht zuletzt muss man die Veränderungen im Bewusstsein der Menschen in Betracht ziehen. Heutzutage wird Bier, gerade bei jungen Menschen, oftmals mit Mix-Getränken in Verbindung gebracht. Früher war so etwas undenkbar. Viele Bauarbeiter tranken jeden Tag mehrere Liter Bier bei der Arbeit. Und ein Bier oder mehrere Biere nach Feierabend waren geradezu selbstverständlich. In unserer heutigen Dienstleistungsgesellschaft ist so etwas nicht mehr möglich. Hinzu kommt das negative Image, das Bier als vermeintlicher Dickmacher genießt. Auch im heutigen Straßenverkehr stellt Alkohol eine Gefahr dar und wird dadurch nicht mehr so häufig konsumiert, da „man ja noch fahren muss“!
All dies wirkte sich negativ auf die Nachfrage nach Salch-Bier aus. Natürlich kam erschwerend hinzu, dass 1996, als Alois Salch mit 65 in Rente gehen wollte, kein Erbe vorhanden war, der die Brauerei übernehmen konnte. Dies führte dazu, dass die Brauerei Salch mit dem hochstiftlichten Brauhaus Fulda fusionierte und Salch-Bier seitdem in Motten und in Fulda gebraut wird.



C) Chancen für Brauereien heute

Die Möglichkeiten für eine Brauerei sind in Unterfranken und speziell in Hammelburg und Umgebung begrenzt. Nicht umsonst gibt es in der näheren Umgebung keine eigen-ständige Brauerei mehr. Inhaber von Brauereien müssen heutzutage sehr flexibel sein und ein möglichst breites Spektrum an Biersorten abdecken, um dem Trend der Zeit schnell folgen zu können (z.B. milde Biere und Mixgetränke). Für eine kleinere Brauerei ist das unrentabel. Groß-Brauereien sind übermächtige Konkurrenten und können ihren Kunden mehr bieten. Zum Überleben ist oftmals eine Expansion oder eine Spezialisierung nötig. Es gilt, den Geschmack der Menschen zu treffen, oder ein Gespür dafür zu haben, was in Szene-Kneipen oder Diskotheken gefragt ist. So erfreute sich etwa Tannen-Zäpfle, ein Bier einer badischen Brauerei, und Astra-Pils, ein Bier einer Hamburger Brauerei, in den Diskotheken in Berlin und München größter Beliebtheit.
Ganz anders sieht es bei Gasthausbrauereien aus. Diese ursprüngliche Form der Brauerei hat gerade heute wieder Chancen. Den Wirten bietet sie die Möglichkeit, Bier günstiger zu beziehen und genau auf den Geschmack der Kunden einzugehen. Ferner ist ein Sudhaus eine Attraktion für Besucher eines Brau-Gasthauses. Der Bierliebhaber kann unmittelbar verfolgen, wie der köstliche Gerstensaft in seinem Glas entsteht: Ein „Event“! Nicht zuletzt erobert sich Ökobier, gebraut mit Biohopfen und –malz, derzeit einen Markt bei den umwelt- und geschmacksbewussten Käufern.



D) Anlagen
1. Plan Nr. 1
2. Plan Nr. 2
3. Plan Nr. 3
4. Plan Nr. 4
5. Plan Nr. 5
6. Beschwerdebrief von Anton Winter
7. Stammbaum der Familie Salch
8. Foto Familie Salch 1935

9. Die Bierherstellung

„Der Prozess der Bierherstellung: Vom Sudhaus bis ins Fass

Sudhaus:


Das Sudhaus ist das Herz der Brauerei. Hier wird als erster Schritt in der Bierherstellung das geschrotete Malz in einem bestimmten Verhältnis mit Wasser vermischt. Diese Maische wird dann in verschiedenen Temperaturstufen auf maximal 76°C hochgeheizt. Dabei verflüssigen sich die schwer löslichen Bestandteile des Malzschrotes. Die verschiedenen Enzyme des Malzes wirken und bauen höhermolekulare Substanzen ab in niedermolekulare Verbindungen, die die Hefe bei der anschließenden Vergärung verarbeiten kann. Die Braukunst liegt darin, die unterschiedlichen Vorgänge gezielt zu steuern, um so den Biertyp und die Bierqualität festzulegen.
Anschließend trennt man im Läuterbottich wie in einem großen Sieb die klare Würze von den unauflöslichen Partikeln, den Trebern. Diese enthalten eine Vielzahl von wertvollen Inhaltstoffen und eignen sich daher hervorragend als Viehfutter.
Die geklärte Würze gelangt dann in die Sudpfanne. Dort wird sie unter Beimischung von Hopfen gekocht. Je mehr Hopfen der Braumeister gibt, desto herber wird der Biergeschmack. […]
Nach etwa 90 Minuten ist der Kochvorgang beendet. Dann ist auch die Konzentration der Würze festgelegt, der Stammwürzegehalt.
Unter der Stammwürze versteht man den Anteil der in der Würze vor der Gärung gelösten Stoffe wie Malzzucker, Eiweißstoffe, Vitamine, Spurenelemente und Aromasubstanzen. Ungefähr zwei Drittel dieses Stammwürzegehalts werden durch die Hefe bei der Gärung in Alkohol, Kohlensäure und Energie umge-wandelt. Eine 12%ige Würze ergibt also im Durchschnitt ein Bier mit einem Alkoholgehalt von vier Gewichtsprozent. Dies wiederum entspricht fünf Volumenprozenten.
Durch das Kochen werden auch unerwünschte Aromasubstanzen ausgetrieben und gewünschte gebildet. Die Inhaltsstoffe des Hopfens werden aufgeschlossen und in eine lösliche Form überführt. Darüber hinaus bilden sich aus den Gerbstoffen des Hopfens und des Malzes sowie den Eiweißstoffen des Malzes komplexe Verbindungen, die ausfallen. Der Brauer sagt dazu Bruchbildung. Dieser Vorgang hat eine positive Auswirkung auf den Geschmack und die Stabilität des fertigen Bieres.

Gärung, Lagerung und Filtration:

Nach dem Kochen wird die Würze noch geklärt und belüftet. Dann wird die Hefe zudosiert. Der Brauer sagt, die Würze wird „angestellt“. […]
Die Hefe baut bei der Gärung den Malzzucker ab in Alkohol und Kohlensäure. Dabei entsteht Wärme. Um die Gärung unter Kontrolle zu halten, müssen die Gärgefäße entsprechend gekühlt werden.
Bei der Untergärung im Temperaturbereich von 6 über 9 bis 12 Grad Celci-us[Sic.] dauert die Gärung rd.[Sic.] Sieben Tage. Der Biergeschmack wird beeinflusst durch die Wahl des Hefestammes, der Gärtemperatur, der Sauerstoff-zugabe vor der Gärung sowie der Hefemenge.
An die Gärung schließt sich die Reifung des Bieres im Lagerkeller an. Diese Nachgärung und Reifung erfolgt unter leichtem Gegendruck und bei sehr nied-rigen Temperaturen um den Gefrierpunkt. Das sogenannte Jungbier reichert sich mit Kohlensäure an, die unerwünschten Geschmackstoffe werden ausge-schieden. Das Bier klärt sich auf natürliche Weise.
Je nach Biertyp und nach Unternehmensphilosophie dauert die Reifung und Lagerung vier bis sechs Wochen. Dann kommen die untergärigen Biere zur Filtration, um die gewünschte Glanzfeinheit darzustellen.
Nach der Filtration gelangt das Bier unter Druck, damit sich die Kohlensäure nicht entbindet, zum Füller zur Abfüllung in Flaschen, Dosen oder Fässer(Kegs). Aus diesen Gebinden gelangt es letztendlich in das Glas.“



10. Begriffslexikon:

Maische – Das mit Malz vermischte Wasser.

Würze – Das mit Hopfen und Malzextrakt vermischte Wasser.

Maischebottich – Behälter im Sudhaus, der zum Vermischen vom Malz und Wasser dient (einmaischen).

Läuterbottich – Behälter im Sudhaus, der zum Trennen der Würze von den groben Anteilen der Maische dient.

Kühlschiff – klassisches Gerät zur Würzekühlung. Dort wird die Würze großflächig verteilt, damit sie schnell abkühlt.

Berieselungskühler – Ein aus mit kaltem Wasser durchflossenen Rohren bestehendes Gerüst, das die Würze beim darüber Fließen (Berieseln) kühlt.



E) Literatur- und Quellenverzeichnis

a) Primärliteratur


- Stadtarchiv Hammelburg, Lehrlingswesen Kasten 190 822/-
- Stadtarchiv Hammelburg, Handelskammer – Verzeichnis der Handwerks-
kammerunterlagen von 1920-1936
- Stadtarchiv Hammelburg, Festsetzung der Baulinie am Rothen Kreuze 1904-1905
Kasten 146 610/3
- Stadtarchiv Hammelburg, Kriegsgefangene Beschäftigung Kasten 32 80/-
- Staatsarchiv Würzburg, Liste der Gastwirtschaftskonzessionen LRA Hammelburg 5772
- Staatsarchiv Würzburg, LRA Hammelburg Baupl. 1628
- Staatsarchiv Würzburg, LRA Hammelburg Baupl. 1656
- Staatsarchiv Würzburg, LRA Hammelburg Baupl. 1697
- Staatsarchiv Würzburg, LRA Hammelburg 1710
- Staatsarchiv Würzburg, LRA Hammelburg Baupl. 1772
- Stadtplan von 1848 in Privatbesitz der Familie Salch
- Privatunterlagen der Familie Salch zum Sudhausbau 1968
- Aufzeichnung zur Berichterstattung über die Brauerei Salch von Anna Salch
- Preisliste von 1950 in Privatbesitz der Familie Salch
- Zeitzeugenberichte:
- Diplombraumeister Alois Salch am 10.10, 27.11., 28.11., 29.11.2007, 02.01, 15.01.2008
- Maria Salch am 10.10., 11.10., 28.11., 29.11, 30.11.2007, 15.01.2008
- Marianne Salch am 10.10., 01.12., 03.12. 2007, 05.01.2008
- Johannes Salch am 04.01.2008
Alle Gespräche wurden in Hammelburg geführt
- Grab des Georg Hempfling auf der Nordseite des Friedhof Hammelburgs
- Heutiges Anwesen der Familie Salch in der Kissinger Straße

b) Sekundärliteratur


- Prof.Dr. Anton Piendl, Weihenstephan; Dr.-Ing. Karl-Ullrich Heyse, Nürnberg; Harald Karcun, München; Manfred Unkel, München: „Bier Erleben - Weil´s a g´sunder G´nuss is!“ Von dem Verband der mittelständischen Privatbrauereien in Bayern e.V. Fachverlag Hans Carl
- Heinrich Ullrich: Chronik der Stadt Hammelburg, Hammelburg 1956

c) Bilder

- Fotos aus dem Besitz von der Familie Salch

(Die Bilder der Facharbeit finden sich alle im Artikel "Brauerei Salch" wieder)

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.