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Aus dem Arbeitsheft von Anneliese Lang 1934 (Archiv Hack) 2. Politische Veranstaltungen 

Es entsprach dem Selbstverständnis des 3. Reiches, dass das öffentliche Leben vom nationalsozialistischen Gedankengut geprägt war. Selbstredend mussten die Schüler als die künftigen potentiellen Parteigenossen recht bald mit diesem Gedankengut vertraut gemacht werden, von dem eines seiner Schlagworte lautete “Ein Volk, ein Reich, ein Führer“. Und so ist es erklärlich, dass viele schulische Anordnungen politischen Charakter hatten.


2.1 Moderne Medien

Es ist geradezu ein Kennzeichen nationalsozialistischer Propaganda, die modernsten technischen Mittel ihrer Zeit eingesetzt zu haben. Vor allem mit den neuen Massenmedien trug sie ihre Gedanken in die hintersten Winkel des Deutschen Reiches, angeführt von dem redegewandten „Reichsminister für Volks-aufklärung und Propaganda“ Dr. Joseph Goebbels.


2.1.1 Der Tonfilm


Der Tonfilm war eines der neuesten Medien seiner Zeit, und der deutsche Film genoss damals geradezu Weltruhm; erinnert sei nur an den „Blauen Engel“. Filme übten eine große Faszination auf die Bevölkerung aus, und der Gang ins Kino war eine beliebte Freizeitbeschäftigung. So ist es kein Wunder, wenn die  braunen Machthaber den Film zur Beeinflussung der Bevölkerung, aber auch schon der Schüler einsetzten. Zahlreich sind die Filme, die die Kinder als Pflichtfilme besuchen mussten. Der Eintritt betrug 15 bzw. 20 Pfennige, manchmal auch nur 10 Pfennige.

Gar so gering wie es heute klingt, können diese Beträge für mache Leute aber nicht gewesen sein. Wie sollte es sonst zu erklären sein, dass häufig 10 % Freiplätze für bedürftige Kinder zur Verfügung gestellt wurden? Trotz der großspurigen Worte von Hitler hatte sich nämlich das Einkommensniveau der einfachen Leute und der Arbeiter nicht erhöht. Es fällt zudem auch auf, dass selbst Pflichtfilme nicht kostenlos gezeigt wurden. Getreu dem Motto „Was nichts kostet, taugt nichts“ sollte so der Wert der gezeigte Filme gesteigert werden. Doch wer sich diesen Eintritt nicht leisten konnte, durfte auf diese Weise die Großmut des Staates erfahren und betrat kostenfrei das Kino. Angewiesen war der Staat ohnehin nicht auf die Eintrittsgelder.

Einen eigenen Filmapparat hatte die Schule freilich nicht. Um die Filme anzuschauen, mussten die Schüler in das Kinohaus Lang gegenüber von Café und Konditorei Claßen in der Weihertorstraße gehen. Im Rahmen des Unterrichts wurden folgende Filme im Kinohaus Lang besucht:

 

- „Flüchtlinge“ (Schicksal von Wolgadeutschen), 27.9.1934

- „Stoßtrupp 1917“, 15.3.1935

- „Ich für dich und du für mich“, kein Datum, wahrscheinlich Mai 1935

 

Dazu ist folgendes verzeichnet:

„Heute Nachmittag 2.30 wird im hiesigen Tonfilmtheater der Film vom deutschen Arbeitsdienst (Mädchenarbeitsdienst) „Ich für dich und du mir mich“ aufgeführt. Diese Vorstellung können die Schüler und Schülerinnen vom 4. Schuljahr Knaben u. Mädchen besuchen. Die Schulleitung empfiehlt sehr den Besuch. Wer nicht in den Film geht hat stundenplanmäßigen Unterricht. Die den Film besuchenden Schüler wären 215 zu entlassen. Der Eintrittspreis ist 20 Pfennig und von jedem Kind an der Kasse zu erledigen. (I, 41)

 

- „Triumph des Willens“, empfohlener Parteitagsfilm, 26.7.1935

- „Wolkenstürmer“ und „Tag der Freiheit“ im Bayer. Hof, 27.9.1937

- „Tannenberg“, 23.11.1937 

Gemeint war sicher die Schlacht bei Tannenberg im westlichen Masuren/Ostpreußen, in der Ende August 1914 die russische Narew-Armee von der deutschen 8. Armee unter Hindenburg vernichtet wurde. 

- „Männer machen Geschichte“, 2./3.6.1938

- „Mario“, 29.6.1938

„Mitteilung: Im Kinohaus Lang findet morgen nachm. 4 Uhr eine Jugendvorstellung zum Film „Mario“ statt. Der Film handelt vom Leben und Tod eines Jungfaschisten (ähnlich wie „Hitlerjunge Quex“). Ich bitte, den Schülern und Schülerinnen den Besuch dieses Filmes wärmstens zu empfehlen. Der Besuch des Filmes gilt für DJ JM als Staatsjugenddienst. Feser“ (II, 141) 

[DJ = Deutsches Jungvolk, JM = Jungmädel] 

- „Olympia, II. Teil“, 21.12.1938

- „Deutsches Land in Afrika“, 5./6.6.1939 

Deutschland hatte vor dem 1. Weltkrieg Kolonien in Afrika: Togo, Kamerun, Deutsch-Südwestafrika, Deutsch-Ostafrika; Sansibar hatte das deutsche Kaiserreich schon 1890 gegen Helgoland mit den Engländern ausgetauscht. 

Am 9. Mai 1939 fand ein Farblichtbildervortrag der Gaubildstelle der NSDAP vom letzten Reichsparteitag statt, für dessen Besuch geworben werden sollte. Auch dafür wurde ein Beitrag von 10 Pfennigen erhoben. Die Eintrittskarten musste der Klassenleiter beim Schulleiter holen.

Anton Ruppert besuchte keinen einzigen Film. Er erhielt auch keine Geld von zuhause dafür.


2.1.2 Rundfunkübertragungen


Ferner wurden Rundfunkübertragungen gemeinsam angehört, wobei die Schüler die Klassenzimmer verlassen mussten, so z. B.


14.9.1936: „Morgen um 10 Uhr vormittags findet eine für die Jugend eigens eingerichtete Übertragung der Ereignisse des ‚Reichsparteitages der Ehre’ statt. Die Schulleitung ersucht die betr. Lehrkräfte bis um diese Zeit die beiden Übertragungsräume aufzusuchen.“ (I, 90)

1.10.1938: „Ab 10.30h hören die Klassen 4 mit 8 im Gemeinschaftsempfang die Ankunft des Führers in Berlin.“ (II,2)

Reichsparteitag und Ankunft des Führers. Es waren Sendungen, die sich bewusst an die Jugend richteten:

Diese Übertragungen hatten einen eindeutig politischen Charakter, die die jungen Menschen beeinflussen sollten. Immer wieder wurde ihnen die Bedeutung des Nationalsozialismus ins Bewusstsein gerufen und die Rolle des Führers, des Retters der Nation.

 

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