Hammelburger-Album

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Was die ersten Jahresberichte über ihr Innenleben verraten
 
von Dietmar Katzer
 
Diese Stadt, auch in historischer Beziehung sehr merkwürdig, '"ausgezeichnet durch ihre vielen Naturschönheiten, durch ihre vortreffliche Lage an der fränkischen Saale, durch vorzüglichen Weinbau, Wieswachs und Ackerbau, in einer der schönsten Gegenden von Unterfranken, und unstreitig die schönste im Saalgrunde, [.,.] von den übrigen Studienanstalten auf 6 bis 12 Stunden entfernt, muß ganz besonders geeignet und bestimmt sein, eine Schule der höherem Bildung und geistigen Kultur in ihren Mauern zu umschließen.“ 1)

Diese Gewissheit, niedergeschrieben im Jahre 1845, hat auch heute ihre Gültigkeit noch nicht verloren. Wenn auch die Notwendigkeit dieser Schule in den vergangenen eineinhalb Jahrhunderten nicht bestritten worden ist, so hat es doch schon im ersten Jahre ihres Bestehens als königlich bayerische lateinische Schule an Schwierigkeiten nicht gefehlt. Der für Hammelburg als erster Studienlehrer ernannte geprüfte Lehramtskandidat zog Aschaffenburg der Saalestadt vor und wurde auf vorgebrachte Gründe vom Antritt der ihm übertragenen Lehrstelle allergnädigst entbunden.
Es sei zu seiner Entschuldigung gesagt, dass er die Freuden kleinbürgerlicher Vergnügungen noch nicht gekannt haben konnte, wie etwa das traditionelle Maifest, das bei günstiger Witterung in der Weise abgehalten wurde, daß die Studienlehrer in der Frühe mit sämtlichen Schülern einen gemeinsamen Spaziergang auf die benachbarten Berge unternahmen, welcher durch Absingen mehrerer Lieder erheitert wurde. Aber davon später mehr.
 
Saure Wochen . . .
 
Wir haben keinen Grund, uns den Alltag von Lehrern und Schülern sehr heiter vorzustellen. In den ersten Klassen betrug die Wochenstundenzahl 16:
Religionslehre 2, Lateinische Sprache 6, Deutsche Sprache 2, Arithmetik 2, Geographie 2. Dazu kamen die außerordentlichen Unterrichtsgegenstände Tonkunst, Zeichnungskunst und Schönschreibkunst mit je 2 Wochenstunden. Für die dritte Klasse hielt das Ministerium 12 Lateinstunden für angemessen. Die vierte (und oberste) Klasse hatte 2 Stunden Religion, 9 Stunden Latein, 5 Griechisch, 2 Deutsch, 2 Arithmetik, Geschichte und Geographie zusammen auch 2, also insgesamt 22 Wochenstunden. Ab der dritten Klasse wurde auf Schönschreiben verzichtet. Ab 1854 stiegen die Zahlen für den Lateinunterricht auf 10, die für Deutsch und Arithmetik auf je 3.

Man gab sich auch alle Mühe, die Schüler musisch und sportlich zu fördern. Zur Bildung des musischen Gehöres und Förderung des Gesanges in mehrstimmigen Chören wurde (1847) eine Gesangschule für die lateinischen Schüler dahier in 's Leben gerufen, welche alle jene Schüler besuchten, die hiezu Anlage hatten, und ihre Productionen bei verschiedenen feierlichen Gelegenheiten erhielten die Anerkennung von Seiten der Anwesenden. Im ersten Schuljahr freilich konnte die Tonkunst, wegen später Eröffnung der Schule noch nicht genugsam kultiviert werden. Nur ein einziger Schüler der II. Klasse beschäftigte und übte sich im Klavierspiel, und trug die eingeübten Stücke am Maifeste und am Tage der Preisverteilung öffentlich vor.

Im Zeichnungs-Unterricht gab es Übungen in methodischer Ordnung. Sie bestanden in Elementar-, Landschafts-, Ornamental-, Kopf-, Tier- und Blumen- und Freihandzeichnungen nach Vorlageblättern.
Ebenfalls im Jahre 1847 wurde [ . . . ] zur Kräftigung der Gesundheit und der Körperkraft bei den Schülern ein Schwimmlehrcurs eröffnet und denselben jede Woche bei passender Witterung vier Stunden Unterricht im Schwimmen unter entsprechender Aufsicht und nöthiger Vorsicht ertheilt. Schon 1845 war während des Sommers den Schülern mehrmals die Erlaubnis gegeben, an dem hiezu bestimmten und abgesteckten Orte im Saalflusse sich zu üben unter gehöriger Aufsicht des Pedellen (Hausmeisters).
Der Turn-Unterricht wird erstmals 1860 erwähnt. Er nahm bei gehöriger Aufsicht durch die Lehrer und beim Wetteifer der Schüler einen erfreulichen Fortgang. Die Turnübungen wurden im Mai, sobald die Witterung es gestattete, begonnen und wöchentlich in 3 Stunden am Dienstag, Donnerstag und Samstag Abends von 7 - 8 Uhr, im Hochsommer von 8 - 9 betrieben.
Derselbe bestand in Übungen nach Gliederthätigkeiten in den verschiedenen Leibesstellungen und im Riegenturnen an Geräten in stufenmäßigem Uebergange vom Leichteren zum Schwereren.

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