Hammelburger-Album

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Das Gefängnis – jetzt Pfarrzentrum der Pfarrei St. Johannes in Hammelburg – entstand im 19. Jahrhundert inmitten einer im Stadtbild noch teilweise mittelalterlich geprägten Stadt. Diese Tatsache gab – nach heutigem Kenntnisstand zu Unrecht! – immer wieder Anlass zu der Vermutung, die neue bayerische Staatsmacht habe bewusst diesen Platz für ein Gefängnis gewählt. Doch die Gründe für den Bau waren anderer Natur.

 

Zum einen war Hammelburg Sitz eines Landgerichtes – das war eine Verbindung von Landratsamt und Amtsgericht – und zu einem Landgericht gehörte auch immer ein Gefängnis, gleichgültig, in welcher bayerischen Region es sich befand.
Nun hatte unsere Stadt kein den Erfordernissen der Zeit entsprechendes Gebäude aufzuweisen. Letztendlich wurde dadurch ein Neubau erforderlich.

Da aber Hammelburg zum anderen von einer Stadtmauer umgeben war, musste das Gefängnis auch innerhalb dieses Bereichs mit seinem beschränkten Platzangebot gebaut werden. Es bleibt nur die Frage, warum gerade an diesem Standort die „Fronfeste“ errichtet wurde.

Auskunft darüber gibt der folgende Bericht des Regierungsrates Kirchgeßner von 1830, der hier transkribiert wurde.

 

Notwendig erscheinende Erklärungen im Text sind am Kursivdruck und an den Klammern zu erkennen z. B. Rentamt [= Finanzamt].

Fundort des Aktes im Staatsarchiv Würzburg:
Regierung von Unterfranken

Der Bericht wurde von Günther Albrecht in der vorgefundenen Rechtschreibung und Interpunktion transkribiert.

 


 

Würzburg d. 25 Octbr. 1830

Bericht des k. Regierungsrathes
Kirchgeßner ad decr. vom
10. März d. J. num. 10006.

                                 Königliche Regierung
                                 Kammer des Innern!


Die Gefängnisse bey
dem Landgerichte Ham-
melburg betreffend

 

Mit einer Beylage


Zufolge höchster Weisung der Königl. Regierung vom 10. März d. J. habe ich gelegentlich der vorgenommenen Amts Extradition [= Amtsübergabe] des k. Landgerichtes Hammelburg an den dort neu ernannten k. Landrichter Clement wegen zweckmäßiger Herstellung von Gefängnissen in Hammelburg mitbeschäftiget, und mit Zuziehung des Landrichters Clement und des Bezirks Ingenieurs Dorle sowohl die bestehenden Gefängnisse eingesehen als auch zur Herstellung besserer Arrest-Ort geeignete Plätze aufgesucht, worüber der genannte k. Bezirks Ingenieur anliegendes Gutachten ausgestellt hat.

[Der Regierungsrat wollte hiermit darlegen, da er nun schon einmal bei der Amtsübergabe in Hammelburg anwesend war, so erledigte er auch gleichzeitig die ihm übertragene Aufgabe.]

Den schlechten Zustand der seitherigen Gefängnisse, die in einem alten städtischen Thurme auf der Stadtmauer eingerichtet sind, habe ich bereits in den Amts-Extraditions-Protokollen bezeichnet; dieselben dürfen wirklich unmenschlich genannt werden, da sie aus äußerst engen, niedrigen, dumpfen und ungesunden Löchern bestehen, die von einer zwei Schuhe dicken Mauer eingeschlossen sind; hiebey gewähren dieselben dennoch keine Sicherheit, weil alles innere Bauwesen von schlechtester Beschaffenheit ist, und müssen deswegen bey vorhandenen Arrestaten stäts zwey Wächter unterhalten werden.

[Um welchen Stadtturm es sich hierbei handelte, konnte bisher nicht geklärt werden. - Wenn im Bericht immer wieder von Gefängnissen die Rede ist, in der Mehrzahl also, so sind nicht mehrere Gebäude gemeint, sondern mehrere Gefängniszellen.]

Die Anzahl der hier angebrachten Gefängnisse, deren es nur drey sind, erscheint überdies als unzulänglich, und müssen deshalb von Zeit zu Zeit Arrestaten anderwärts untergebracht werden, wozu theils die bürgerlichen Arrest-Orte im städtischen Ratshause benützt, theils Zimmer in Privathäusern gemiethet werden.
Die Benützung der bürgerlichen Arrest-Orte im Ratshause erregt häufige Anstände, indem die städtische Verwaltung ihre Polizeygefängnisse nicht für Criminal-Arrestaten gebraucht wißen will und sich durch solche Benützung ihrer bürgerlichen Gefängnisse sehr beschwert findet.


Die Miethung von Privat-Quartieren zu Gefängnissen ist, da niemand gern Zimmer hiezu hergibt, und überdies wieder besondere Wachen für dieselben unterhalten werden müssen, äußerst kostspielig; im vorigen Jahre allein /:1828/29:/ hat nach einem Auszuge aus den Rechnungen des k. Rentamtes die Ausgabe für Centwächter [= Gerichtswächter] und der Miethzins für Gefängnisse über 800 Gulden betragen.

[Centwächter/Zentwächter ist zu diesem Zeitpunkte eine merkwürdige Bezeichnung. Dem Zentgericht mit einem Zentgrafen an der Spitze oblag die Blutgerichtsbarkeit im Mittelalter, aber nicht mehr 1830.]

Eine Erweiterung und Verbesserung der Gefängnisse im bisherigen Local ist nicht möglich, weil der alte Thurm den erforderlichen Raum hiezu nicht hat, überdies auch an sich schon zu baufällig ist; es wird daher durchaus eine Neubaute notwendig, wozu es aber an Aerarial-Plätzen [= Plätze im staatlichen Besitz] mangelt.
Das Staats-Ärar besitzt in Hammelburg an Gebäuden blos das Schloß, worin die Landgerichts- und Rentamts-Localitäten nebst den Wohnungen für beide Beamte sich befinden, die Forstmeisters-Wohnung und zwey Zehnt-Scheunen.
In dem Schloße ist kein entbehrlicher Platz zur Errichtung von Gefängnissen.
Die Forstmeisters Wohnung lässt sich, wenn auch das Forstamt eingehen sollte, hiezu nicht wohl vorschlagen, da dies noch ein gutes Haus an einer Hauptstraße ist, bey dessen eintrettender (sic!) Entbehrlichkeit für das Aerar es weit wirtschaftlicher seyn würde, dieses Haus zu verkaufen, und aus dem Erlöse eine Neubaute für Gefängnisse zu führen, als noch eine bedeutende Summe in die Umstaltung (sic!) dieses Hauses zu Gefängnissen zu verwenden.
Die vorhandenen zwey Zehnt-Scheunen sind zu beengte Plätze, um dem beabsichtigten Zwecke für Gefängnisse zu genügen.

Indem daher ein anderer Platz zur Erbauung zweckmäßiger Gefängnisse gesucht werden muß, findet sich hiezu der brauchbarste in dem sogenannten Stallhofe, einem städtischen alten Wohnhaus mit zweyen großen Stallungen und einem Hofraume, welches früher dem Staatsärar gehörte, und vor mehreren Jahren der Stadtgemeinde Hammelburg um den Preis von 1650 Gulden, wie die Rentamts-Rechnungen nachweisen, verkäuflich überlassen wurde. Dieser Platz, der nächst an der Stadtmauer liegt, und von anderen Wohnungen nicht zu nahe umgeben ist, biethet hinlänglichen Raum zur Einrichtung zweckmäßiger Gefängnisse, soviel auch deren gefordert werden mögen, dar, und die städtische Verwaltung scheint nicht abgeneigt zu seyn, denselben zu diesem Zwecke an das Staatsaerar um den vorigen Verkaufspreis wieder zu überlassen, obgleich sie die ihr bey Einquartierungen reitenden Militärs gut dienenden Stallungen ungern entbehrt.


Der andere Platz, von welchem das Gutachten des k. Bezirks Ingenieurs Dorle Erwähnung macht, die alte Kirche, ist zur Errichtung von Gefängnissen weniger brauchbar, weil er ringsum von anderen Wohnhäusern nahe umgeben ist, wodurch stets gefährliche Gelegenheiten zu Collusionen [= lat. geheimes Einverständnis, unerlaubtes Zusammenwirken] für die Gefangnen gegeben seyn würden.
Den Kostenvoranschlag zur Errichtung der betreffenden Gefängnisse setzt der Bezirks Ingenieur summarisch auf 7000 bis 8000 Gulden an.
Ob übrigens dermalen [= gegenwärtig] der Zeitpunkt angemessen sey, den Neubau von Gefängnissen zu Hammelburg, so dringend auch deren Bedarf ist, einzuleiten, da einer Veränderung der Gerichtsverfassung nahe entgegengesehen wird, muß ich höchstem Ermessen überlassen.


Der Königlichen Regierung

unterthänigst treu
gehorsamster

Kirchgeßner
Regg.rath

 

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