Zur Geschichte der Elektrizität
Elektrizität existiert seit den Anfängen des Universums.Schon vor mehr als vier Milliarden Jahren wetterleuchtete es am Himmel.
Die ersten wissenschaftlichen Experimente gehen auf die alten Griechen zurück. Wenn man Bernstein fest mit Wolle reibt, bleibt eine Feder am Bernstein hängen. Das Wort „Elektrizität“ ist griechischen Ursprungs: „elektron“ bedeutet „Bernstein“.
Im frühen 19. Jahrhundert waren viele Wissenschaftler mit der Erforschung elektrischer Phänomene beschäftigt. Doch noch 1850 gab es keine kommerzielle Verwendung für elektrischen Strom (außer der Telegraphie).
Erst die Entdeckung des Magnetfelds um einen stromführenden Draht eröffnete neue Perspektiven. Die elektromagnetische Induktionstheorie Michael Faradays (1791 – 1867) bildete die Grundlage für die Entwicklung von Maschinen, die mechanische Energie in elektrischen Strom verwandeln konnten.
In den USA und in Westeuropa entstanden um 1880 die ersten E-Werke.
Hammelburg gehörte zu den wenigen kleinen Städten Deutschlands, die am Ende des 19. Jh. ein erstes kleines E-Werk besaßen.
1896
Eine erste elektrische Zentale erzeugte Lichtstrom.
Hammelburger Mühlgraben mit Saalmühle rechts und Saaleinsel links: Am ehemaligen Sägewerk erzeugte ein Wasserrad mittels eines Dynamos Gleichstrom, der zur störungsfreien Übertragung in einer Akkumulatoren-Batterie gespeichert wurde. (Fotos: Josef Kirchner) | Karl Happ, Gerbereibesitzer und Bürgermeister in Hammelburg (1885 – 1899), ließ 1896 am Sägewerk auf der Saaleinsel eine Blockstation installieren, die mithilfe der Wasserkraft Strom erzeugte. |
Eine Gerberfamilie aus Brückenau
Das Foto zeigt die zweite und dritte Generation der aus Brückenau stammenden Familie: Karl Happ (1849 -1917), Gründer des E-Werks, mit seiner 2. Frau Fanny, geb. Schultheis (1855 – 1919), seinen beiden Söhne Karl und Josef (geb. 1880/1887) und den Töchtern Maria, Josefine und Elisabeth (Foto: Josef Kirchner) |
Nach Aufhebung des Zunftszwangs war der Brückenauer Gerbermeister Josef Happ 1804 nach Hammelburg „ausgewandert“. Die beiden Söhne Josef und Carl (geb. 1804/1814 in Hammelburg) betrieben das väterliche Handwerk weiter. Auf der Saaleinsel entstanden eine Lohmühle und ein Sägewerk. In der Nähe der Herrenmühle wurde zum Glätten des Leders eine Walkmühle errichtet. |
November 1896
Inbetriebnahme der elektischen Zentrale
10. Dezember 1896
„Die Installationsarbeiten der elektrischen Straßenbeleuchtung haben eine Verzögerung der ersten Beleuchtungsprobe verursacht und wurde solche gestern Abend zum erstenmale vorgenommen. Das Resultat derselben war ein vorzügliches und wäre nur zu wünschen, dass die Stadtverwaltung baldigst die weitere Ausgestaltung der Straßenbeleuchtung durch elektrische Bogenlampen und Glühlichter genehmigt.“
(Hammelburger Journal, 11. Dezember 1896, Foto: Josef Kirchner)
24. Dezember 1896
Erste elektrische Beleuchtung in der Stadtpfarrkirche
In Chorraum ist eine Bogenlampe zu erkennen.
Eine der ersten Nutzungsanwendungen der von Dynamos erzeugten Elektrizität war die Bogenlampenbeleuchtung.
Der Bogen ist ein kontinuierlicher Funke zwischen zwei Kohlestäben.
Bogenlampen erzeugten ein sehr intensives und helles Licht, waren aber sehr wartungsaufwendig.
(Foto: Josef Kirchner)
1903/1907
Gründung des E-Werks an der Herrenmühle
Karl Happ erwarb 1903 das Recht, den Thulbakanal zur Stromerzeugung zu nutzen
Josef und Maria Happ, die späteren E-Werks-Besitzer, an der Herrenmühle 1932 (Foto privat, Hepperlin)
Seit dem Frühmittelalter Nutzung der Wasserkraft in Hammelburg
Eine Flurkarte von 1847 zeigt den Verlauf des Thulbakanals, der im 13. Jh. gebaut wurde.
Sein Wasser wurde bis in den Hof der Herrenmühle geleitet, wo es mehrere
Mühlräder antrieb.
(Ortsblatt 1847, Stadtarchiv Hammelburg)
Das Hammelburger Mühlenviertel
Rechts neben der Herrenmühle ist die Saalmühle zu erkennen.
Dort konnten die Bediensteten des Hochstifts Fulda ihr Getreide mahlen. Die dortigen Müller wurden „Saalmüller“ genannt.
1948 wurde die Saalmühle reaktiviert, sie war bis 1957 mit drei Wasserrädern in Betrieb.
(Merian Stadtansicht von 1630, Stadtarchiv)
Errichtung des E-Werks 1903/1907
Installation einer Fallturbine - Stromerzeugung mit Hilfe der Wasserkraft
Eine Maschinenhalle entstand als Anbau an die alte Getreidemühle
Im Fabrikstil der Jahrhundertwende war die Maschinenhalle mit großen Bodenfenstern ausgestattet.
In Spitzenlastzeiten wurden eine Dampfmaschine und ein Schiffsdiesel zugeschaltet.
An der West-Giebelseite befand sich eine Umspannstation (Trafo).
(Foto: Josef Kirchner)
Wo die Maschinenhalle einst stand - Der Anbau des Museums heute
Hier floss der Thulbakanal. Vor dem Museum wurde er aus |
Die Maschinenhalle des E-Werks Happ wurde 1971 abgerissen. Im Zuge der Umgestaltung der Herrenmühle zu einem Museum entstand zwischen 1985 und 1990 ein Fachwerksanbau. Das abschüssige Gelände wurde aufgefüllt. |
An der Thulba - Gestern und heute
In den 1930er Jahren stand die Walkmühle noch |
1914
Wenn ein Krieg Träume zerstört
Karl Happ, ältester Sohn des E-Werk-Gründers (rechts im Bild),
studierte seit 1913 an der TU Darmstadt Elektrotechnik.
Er sollte das Unternehmen seines Vaters übernehmen und technisch erneuern.
Aus den Schützengräben des 1. Weltkriegs kehrte er nicht mehr heim.
Der E-Werks-Gründer starb 3 Jahre später - 1917.
Seine Frau Fanny folgte ihm 1919.
(Foto: Josef Kirchner)
1919
Ein Blick ins Wasser - Trauer an der Herrenmühle
Ein Steg verband die Maschinenhalle mit der ersten elektrischen Zentrale auf der Saaleinsel.
Im Hintergrund rechts: Häuser des Langen Grabens (heute Tournhouter Straße)
(Foto privat, Hepperlin um 1919/1920)
1920
Eine junge Frau aus Fulda wünschte mehr Licht in Hammelburgs Straßen
Nach dem Tod der Eltern wurde Josef Happ, der zweite Sohn des E-Werk-Gründers, Besitzer der Herrenmühle und der Saaleinsel. Er heiratete 1920 Maria Koch aus Fulda. Ihre Familie entstammte der Fuldaer Kerzenfabrik Gies. Maria Happ soll später ihren Kindern erzählt haben, wie finster es in den nächtlichen Straßen war, als sie 1919 nach Hammelburg kam. (Foto privat, Hepperlin 1920) |
Die Herrenmühle zu Beginn der Weimarer Zeit
1920 kostete ein Stromanschluss 72 Reichsmark, drei Jahre später Billionen.
Rechts auf dem Bild der damalige Schlachthof mit Kamin
(Foto: Josef Kirchner)
Licht in der Stadt, Dunkelheit auf dem Land
"Brauchen wir dieses Teufelszeug"?
Das E-Werk Happ versorgte nur die Stadt Hammelburg mit Strom.
Die heutigen Ortsteile wurden in den 1920er Jahren vom Überlandwerk elektrifiziert.
In manchen Ortsteilen gab es Widerstände (z. B. in Pfaffenhausen).
Noch heute sind die Netze getrennt: In der Stadt liefern die Stadtwerke den Strom, in den Ortsteilen die EON.
(Foto: Josef Kirchner, Bahnhofstraße um 1925)
1933 - 1945
Unter der Kontrolle der Partei
Josef Happ schloss 1935 einen Vertrag mit dem Überlandwerk, um die Stromlieferung für die Stadt Hammelburg garantieren zu können. Als „Stromerzeuger“ war er von der Wehrpflicht freigestellt. 1938/39 wurde die Kirchgrundsiedlung errichtet. Die elektrische Erschließung hatte das E-Werk Happ zu tragen. |
1935 erließ die NSDAP das Energie-Wirtschaftsgesetz. Alle E-Werke wurden zur günstigen Stromlieferung verpflichtet. Ein Einheits- und Grundtarif wurde eingeführt. Die E-Werks-Besitzer mussten die Stromlieferung garantieren. Sie wurden verpflichtet, das Stromnetz auf eigene Kosten auszubauen und instandzuhalten. Viele kleine E-Werke gingen damals zugrunde. Es begann die Zeit der großen Stromkonzerne und ihrer Monopolstellung. Das Energie-Wirtschafts- Gesetz der NSDAP blieb bis 1998 in Kraft. Erst mit dem EEG (Erneuerbaren-Energien-Gesetz), das 2004 in Kraft trat, ist es kleinen Stromerzeugern möglich, ins Netz „der Großen“ einzuspeisen. |
Jugend in schwerer Zeit
Vater Josef starb 1943, die Mutter führte das E-Werk alleine weiter
Ihre drei Töchter
Irene (Oschmann), Isolde (Clement) und Hildegard (Aut)
Foto privat, Hepperlin 1937
1943 - 1962
Eine Frau versorgte die Stadt Hammelburg mit Strom
(Foto privat, Maria Happ - Weihnachten 1957, Hepperlin) |
Das E-Werk wurde im März/April 1945 zum Glück nicht Ziel amerikanischer Bombenangriffe. In der Nachkriegszeit konnten viele Menschen den Strom nicht bezahlen. Abends wurden mancherorts die Ofentüren geöffnet, um ein Zimmer zu erleuchten. Maria Happ galt als gütige und sozial eingestellte Unternehmerin Sie verstarb im Juli 1962. Zuvor hatte sie den 1. Bürgermeister Dr. Meyer gebeten, dass die Stadt Hammelburg das E-Werk übernehmen möge, weil Investitionen in die Netzerweiterung für die Neubaugebiete „Am Gericht“ und „links der Westheimer Straße“ nicht mehr geleistet werden können. Der Stromverbrauch stieg in den 1960er Jahren rasant. |
Neu contra Alt
Moderne Straßenbeleuchtung vor dem Jugendstil-Schlachthof
Anfang der 1960er Jahre hatte das E-Werk Happ Teilabschnitte der Straßenbeleuchtung erneuert.
Die Konzessionsabgabe an die Stadt betrug 1962 45. 598 DM.
Für rund 310 000 DM wurde im selben Jahr Fremdstrom zugekauft.
Die Fallturbine war seit 1954 nicht mehr in Betrieb.
(Foto: Josef Kirchner)
Oktober 1962
Übernahme des E-Werks Happ durch die Stadt Hammelburg
Am 21. September 1962 schrieb die Saale-Zeitung:
„Der Stadtrat beschäftigte sich in seiner nichtöffentlichen Sitzung mit der Übernahme des E-Werks Happ ab 1. Oktober 1962.
Die Aufwendungen für dieses Werk sollen den städtischen Haushalt nicht belasten und das E-Werk wird sich aus eigenen Mitteln tragen und auch finanzieren.“
( Foto: Josef Kirchner)