Hammelburger-Album

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Alle wohnten nun gemeinsam zur Miete in dem Haus an der Weihertorstraße, das vormals der jüdischen Familie Katz gehörte. Familie Frank war sehr religiös. Sie lebte ihren jüdischen Glauben auch im Alltag, feierte die jüdischen Feste und ging am Sabbat in die Synagoge, in der Siegfried Frank als Aushilfsvorbeter tätig war. Paul Frank, der den Holocaust überlebte, erinnerte sich noch 1995 in einem Briefwechsel mit dem damaligen Bürgermeister Hammelburgs wehmütig daran, wie er in der 1938 geschändeten Synagoge der Stadt zum ersten Mal zum Torahlesen aufgerufen worden war.

Betty und Siegfried Franks Geschäft lief gut – bis zum März 1933. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden beide ebenso wie viele andere Hammelburger Jüdinnen und Juden verstärkt zum Ziel antisemitischer Verfolgungen und Boykottmaßnahmen. Verstärkt deshalb, weil das Ehepaar Frank bereits seit seiner Ankunft in Hammelburg Anfang 1924 immer wieder judenfeindlichem Verhalten ausgesetzt war.

Schon 1923 hatte sich eine erste NSDAP-Gruppe gegründet, deren aktivste Mitglieder den Franks direkt gegenüber wohnten. Nach der erneuten Gründung der NSDAP-Ortsgruppe Hammelburg 1930 setzten sich die Beschimpfungen und Schikanen fort. Ab März 1933 wurden die Scheiben von Betty und Siegfrieds Geschäfts mehrfach eingeworfen, Kundinnen und Kunden am Betreten des Ladens gehindert, sie selbst und ihre Familie angepöbelt und bedroht. Der Umsatz ging zurück, gleichzeitig mussten sie ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen.

Drei Jahre hielten die Franks noch durch, dann gaben sie auf. 1936 mussten sie ihr Geschäft schließen. Für sich und ihre Kinder sahen sie nun keine Möglichkeit mehr, in Hammelburg zu bleiben. Auch die Kinder Paul und Ruth waren Schikanen ausgesetzt.  Nichtjüdische Kinder pöbelten sie an, wenn sie draußen auf der Straße spielten. Schließlich zogen sich die jüdischen Kinder der Stadt in den geschlossenen Innenhof der Hammelburger Synagoge zurück, um dort in Ruhe gelassen zu werden.

Ende Oktober 1935 schickten die Eltern den damals 14-jährigen Paul nach Frankfurt, damit er in einer jüdischen Lehrlingsanstalt eine Ausbildung begann. Über die jüdische Gemeinde in Hammelburg hatte Siegfried Frank davon erfahren, dass die Hamburger jüdische Gemeinde einen neuen Verwalter für ihr Erholungs- und Landjugendheim Wilhelminenhöhe in Blankenese an der Rissener Landstraße 127 suchte.

Er bewarb sich zusammen mit seiner Frau für diese Stelle und bestand die dafür zu absolvierende Prüfung. So zogen beide im Sommer 1936 von der kleinen, landschaftlich schönen Stadt Hammelburg in Unterfranken an die Elbe. Ihre Tochter Ruth folgte ihnen Ende August, und auch ihr Sohn Paul kam von Frankfurt nach Hamburg.  Siegfried Franks Eltern Abraham und Malchen Frank dagegen blieben in Hammelburg wohnen.

Siegfried und Betty Frank bekamen in Hamburg eine Dienstwohnung in der Wilhelminenhöhe, Ruth besuchte die jüdische Mädchenschule an der Karolinenstraße und Paul begann eine Lehre in der Hachschara-Tischlerwerkstatt an der Weidenallee als Vorbereitung auf ein Leben in Palästina. Für beide Kinder war es ein weiter Weg, da die Wilhelminenhöhe am westlichen Blankeneser Ortsrand lag.

In der Wilhelminenhöhe gab es Hachschara-Kurse für junge Jüdinnen und Juden. Dort lag der Schwerpunkt auf der Gärtnerausbildung. Dabei war die Wilhelminenhöhe zwar ein religiös geführtes Heim, die Jugendlichen kamen aber aus verschiedenen zionistischen Organisationen – aus dem religiösen Bachad, dem linksorientierten Hechaluz und dem Pfadfinderbund Makkabi Hazair.

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