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Erste Meldung über den Hammelburger Stadtbrand von 1854

 


Im Folgenden findet man die erste Meldung vom Brand, 1 ½ Stunden nach dessen Ausbruch von einem Beamten eiligst an die Regierung gesandt. Wie die äußere Form des Originals erkennen lässt, ist dieses Schreiben in höchster Not und Eile verfasst: voller Flecken und in einer nur schwer zu entziffernden Schrift. Es befindet sich in einem Akt des Staatsarchivs Würzburg.

Fundort des Aktes im Staatsarchiv Würzburg:
Regierung von Unterfranken, Präsidialakten 321

Die Akte wurde von Oberarchivrat Jens Martin erst vor kurzem im Staatsarchiv aufgefunden. Meldung und Bericht wurden von Günther Albrecht in der vorgefundenen Rechtschreibung und Interpunktion transkribiert.

 

  Hammelburg, den 25. April 1854

Bericht
den in Hammelburg aus-
gebrochenen Brand
betr.

 

Mittags 12 ½ Uhr

 

 

  

[Vermerk in Würzburg: Eingekommen 25/4. 5 Uhr]

Hohe k. Regierung
von Unterfranken u. Aschaffenburg
K[ammer] d[es] I[nneren]

Seit 1 ½ Stunden ist dahier Feuer ausgebrochen und hat Nordostwind so schnell um sich gegriffen, daß die Stadt zu ¾ Theilen bereits in Brand steht und jede Hülfe unmöglich macht. Der Umfang u. das Ende des grässlichen Unglücks ist nicht abzusehen.
In treuster Ehrfurcht
Einer etc.
unterthänigst gehorsamer
[...]

                       


Bericht des Würzburger Regierungspräsidenten über den Ausbruch des Hammelburger Stadtbrandes von 1854

Als weiteres Schreiben in diesem Akt ist im Staatsarchiv Würzburg der Bericht des Regierungspräsidenten erhalten, der abends gegen 5 Uhr die Nachricht vom Unglück erhalten hat. Noch in der Brandnacht ist er mit einer Kutsche von Würzburg aus am Brandort eingetroffen. Wenn man das damalige Nachrichten- und Verkehrswesen berücksichtigt, so ist er nach den notwendigen Vorbereitungen umgehend aufgebrochen.

Noch ganz unter dem Eindruck des Geschehen hat er zwei Tage nach dem Brand diesen Bericht an den König verfasst. Neben der Beschreibung der allgemeinen Verwüstung und Verwirrung sind die getroffenen Maßnahmen genannt, um dem Feuer Einhalt zu gebieten, und auch die selbstlosen Hilfen aus den Umgebungsorten dargestellt. Daneben führt er die ersten organisatorischen Schritte auf, um zunächst einmal die allergrößte Not der Bevölkerung zu lindern. Ebenso war an den Wiederaufbau der Stadt zu diesem Zeitpunkt schon gedacht worden, da bereits Anweisungen ergingen, Pläne für den Holzeinschlag in den staatlichen Waldungen aufzustellen.

 aus dem Akt des Staatsarchivs Würzburg:

                            Würzburg den 27 April 54

An
das k. Staatsministerium des Innern  
allerunthänigster Bericht des
k. Staats- u. Reichsrathes, Regierungs-
präsidenten Freiherrn von Zurhein
zu Würzburg

Allerdurchlauchtigster [...]

Brand in Hammelburg betr.

Wie Ew. Majestät bereits aus meiner telegraphischen Depesche vom 25ten April d. J. zu ersehen allergnädigst gewahrt haben werden, ist am 25ten d. M. Mittags gegen 11 Uhr ein Brand in Hammelburg ausgebrochen, welcher sich bei dem heftig wehenden Nordostwind, und dem Umstande, daß die im Magistratsgebäude verwahrten Löschgeräte gleich anfangs verbrannten, mit so reißender Geschwindigkeit über die ganze Stadt verbreitete. Daß dieselbe mit Ausnahme des kleineren gegen Euerdorf hinziehenden Theiles, aus etwa 70 ärmlichen Häusern bestehend, schon nach wenigen Stunden buchstäblich in einen Trümmerhaufen verwandelt wurde.

Sogleich nach Empfang der Botschaft vom Ausbruche des Brandes ordnete ich an, daß eine entsprechende Verstärkung der Gensdarmerie mit den benachbarten Landgerichten nach Hammelburg entsendet würde, eine Maßregel, welche sich in der Folge als vollkommen zweckgemäß bewährte, u. begab mich mit Extrapost in Begleitung des Regierungsassessors Treppner, des Civilbauinspekktors Reuß und des königl. Gensdarmeriehauptmannes Freih. von Leoprechting um 8 Uhr Abends nach dem bedrängten Städtchen.

In Arnstein ließ ich während des Umspannens sogleich den dortigen Landrichter rufen u. trug ihm auf, noch in der Nacht für Beifuhr von Lebensmitteln aus seinem Amtsbezirke nach Hammelburg Sorge zu tragen, nahm aber zugleich auch in meinem Wagen noch den dortigen Landgerichtsassessor Trabert auf, welcher die Verhältnisse in Hammelburg genau kennt, um denselben zur Unterstützung der Hammelburger Beamten zu commitieren ( = senden), da ich mit Grund voraussetzen musste, daß ein nicht selbst betheiligter Beamter in der allgemeinen Verwirrung entsprechende Dienste leisten würde.


Zeichnung von Chr. Müller Nürnberg  Bildunterschrift:  Hammelburg Diese schöne freundliche Stadt wurde am 25ten April 1854 durch das Feuer, deßen Wuth ein starker Wind begünstigte, gänzlich zerstört, durch welches Unglück viele hundert Familien abdachlos geworden sind. Dieser Prospeckt läßt einen richtigen u. getreuen Ueberblick von dem gräßlichen Unglück erkennen indem derselbe kurz nach dem Brande aufgenommen wurde.   (Archiv Stadt Hammelburg) Nach 1 Uhr früh kam ich in Hammelburg an u. übersah von der Höhe herab schon von weitem den ganzen Umfang des Unglücks, dem die arme Stadt verfallen war.

Hammelburg bildete dem Auge nur ein Feuermeer dar. Deutlich konnte man das in Ruinen stehende Schloß, das ausgebrannte Rathaus, die des Kirchthurmes, der bereits eingestürzt war, beraubte Kirche erkennen. In die Stadt einzufahren war unmöglich, da aus allen Toren Feuersäulen entgegenschlugen.

Ich fuhr also in das benachbarte Franziskanerkloster Altstadt, welches in gastlicher Weise sich geöffnet hatte, wo ich den kranken, tief gebeugten Landrichter, der mit den Seinen gleich den beiden Assessoren nichts als das nackte Leben gerettet hatte, sowie den Assessor Schreiner, nebst dem Forstmeister Gygle traf, welche eben für die Unterbringung der Kinder und Kranken im Kloster Sorge getragen hatten. Von da aus begab ich mich sofort in Begleitung der von mir mitgebrachten Personen, des Forstmeisters Gygle u. Assessors Schreiner in die Stadt, in welche ich erst auf Umwegen durch Gärten gelangen konnte.


Der Marktplatz von Hammelburg nach einer Uraufnahme aus dem Jahre 1847. Die Nordseite war vor dem Stadtbrand mit 8 Anwesen stark gegliedert. An der Ostseite gab es damals – so wie auch heute, 2 Häuser. Die Westseite ist heute noch in etwa genau so bebaut. An der Südseite wurde aus den Anwesen 16, 17 und 18 ein Gebäude errichtet.Bei dem allgemeinen Brand, wo jeder nur bedacht war, seine Habe zu retten, war an ein systematisches Zusammengreifen nicht gedacht worden, obschon auswärtige Feuerspritzen noch vorhanden waren, so fehlte es doch an Wasser, da es bei der so schnell eingetretenen Zerstörung alles Eigenthums an Trögen und Fässern, in denen dasselbe aus der nahen Saale hätte herbeigeschafft werden können, sowie an der entsprechenden Bespannung mangelte.

Es wurde daher auf meine Anordnung an die benachbarten Gemeinden Expresse sogleich mit der Weisung abgesendet, daß jede einen Wagen mit einem großen, bereits gefüllten Faß u. mit 20 kräftigen mit Hacken und Schaufeln versehenen Männern nach Hammelburg zu senden habe, welcher Anordnung auch bereitwilligst entsprochen wurde, so daß gegen Morgen Löschapparate und Mannschaft in gehöriger Menge vorhanden waren.

Nachdem ich bis 8 Uhr auf der Brandstätte geblieben und durch die rastlosen Anstrengungen aller Behörden u. Anwesenden dem Weitergreifen der Flammen Einhalt geboten war, bildete ich in dem Kloster, welches als gemeinsamer Versammlungsort diente, unter Zuziehung des landgerichtlichen Beamten, des Forstmeisters u. Revierförsters, des Ortspfarrers, Bürgermeisters, mehrerer angesehener Bürger u. des Franziskaner Guardians ein Hilfscommitté, welchem ich zur Verwendung der einkommenden Unterstützung an Geld, Viktualien, Kleidung u.s.w., u. Behufs der Unterbringung der Obdachlosen die mir nöthig scheinenden Directionen verzeichnete u. zunächst veranlasste, daß durch die Patres Franziskaner eine Suppenanstalt sofort eröffnet wird, u. schon für die kommende Nacht die Unterbringung der Obdachlosen in den benachbarten Ortschaften vermittelt werden konnte, sowie die zahlreichen Zufuhren an Viktualien, welche aus der ganzen Umgegend bereits statt gefunden hatte, es ermöglichte, daß alle Bedürftigen durch das Hilfscommitté schon im Laufe des Morgens mit Lebensmitteln unterstützt werden konnten.

Ich behändigte dem Hilfscommitté ferner die Summe von 500 fl, welche ich zur Deckung der dringendsten Bedürfnisse vor meiner Abreise einstweilen vorschußweise aus Mitteln der Regierungsregie entnommen hatte, u. fügte dieser Summe aus meiner Privatcasse den Betrag von weiteren 100 fl als ersten Kollektivbeitrag bei, so daß für den ersten Augenblick nothdürftig gesorgt sein dürfte.

Freylich wird es bei dem totalen Brandunglücke großartiger Unterstützung aller Art bedürfen, u. werden [...] von Seiten der Kreisregierung die entsprechenden Anträge an Ew. M. gestellt werden. Den Umfang des Schadens vermag ich Ew. M. noch nicht anzugeben, da ich während meiner Anwesenheit in Hammelburg, welche bis gestern Abend währte, mit nichts anderem beschäftigen konnte, als die Leitung der Löschanstalten zu überwachen, und die für den Moment nöthigen weiteren Anordnungen zu treffen.

 

Einstweilen zeige ich Ew. M. nur an, daß die Landgerichtlichen Localitäten gänzlich niedergebrannt sind nebst allen Akten mit alleiniger Ausnahme der Hypothekenbücher und der Depositen, welche beim Beginn des Brandes noch schnell in den Keller gerettet wurden. Das Rentamt hat ebenfalls alle Akten, seine Heberegister, Steuerbücher u. sonstigen Kataster im Brand verloren, u. nur die Kasse konnte, wie mir der Rentbeamte sagte, gerettet werden.

Alles liegt im Schlosskeller untereinander, u. ich musste mich lediglich darauf beschränken, den Eingang hiezu durch Gensdarmerie Mannschaft bewachen zu lassen, u. durch Aufstellung einer Feuerspritze im Hofraum des Schloßes unter der Leitung des von mir mitgebrachten Civilbau Inspektors Reuß dem weiteren Umsichgreifen der Flammen, welche bei meiner Ankunft bereits den größten Theil des umfangreichen Schlosses ausgebrannt hatten, Einhalt zu thun; wodurch es dann auch mit vieler Mühe gelang, fünf bis sieben Zimmer vor gänzlicher Zerstörung, sowie den Keller im vorderen Flügel, worin die herrschaftlichen Weine gelagert waren nebst seinem Inhalte, mit Ausnahme eines Fasses, an dem die Reifen durch die Hitze platzten, zu retten.

Die Landgerichtliche Frohnfeste, aus welcher die Gefangenen schon bei Beginn des Brandes entfernt, u. an die benachbarten Landgerichte transportiert worden waren, steht noch unversehrt, ebenso das Forstamtsgebäude, welches mitten unter den brennenden Nachbarhäusern unversehrt geblieben. Das Langhaus der Pfarrkirche, an welcher der Thurm bereits in Brand gerathen, u. zusammengestürzt, blieb nebst dem anstoßenden Pfarrhaus wie durch ein Wunder erhalten. da ringsum die Flammen wütheten u. die Localität es lange unmöglich machte, eine Feuerspritze anzuwenden.

Das Rathaus 1854, wie es der Hammelburger Maler Franz Ringelmann 1928 gemalt hat (Ausschnitt aus dem Bild "Landwehr" )Gänzlich zerstört sind das Rathhaus nebst allen Akten, Urkunden etc. die Schulgebäude, das Spital, Armenhaus, die Apotheke, Gensdarmerielocal u. die ganze innere Stadt.

Heute werden die Abschätzungen durch den Brandversicherungsinspektor bereits vorgenommen u. zur Anfertigung der neuen Generalbauplanes sind bereits die entsprechenden Einleitungen getroffen.

Landrichter Rothmund von Euerdorf u. Landrichter Bucher von Kissingen sowie der dortige Bau-Inspektor Krämer hatten sich bereits wenige Stunden nach Ausbruch des Brandes in Hammelburg daselbst eingefunden, u. die dortigen Beamten, da Landrichter Leutbacher, dessen Quiescenz (= Ruhestand) bei Ew. M. zu beantragen wir bereits vor wenigen Tagen im Collegium beschlossen hatten, wegen seiner tief erschütterten Gesundheit auf der Brandstätte nicht thätig sein konnte, in den nöthigen Anordnungen unterstützt; auch erschien Landrichter Bucher mit Inspektor Krämer am anderen Morgen wieder mit neuer Mannschaft aus Kissingen, u. leisteten mit gewohnter Energie u. Thätigkeit wesentliche Dienste in Leitung der Löschanstalten.


Sogleich nach meiner Rückkehr hierher trat ich mit den beiden Direktoren der Kreisregierung und einigen Collegialmitgliedern in Berathung und in Folge dieser Berathungen wird zunächst die Anordnung einer Kreiscollection, worüber Ew. Majestät eigener Kammerbericht zugehen wird beschlossen, u. Regierungsrat Freyherr von Gumppenberg, der heute noch nach Hammelburg abgehen wird, mit dem Auftrage versehen wird, als Special Commisair der Regierung die Leitung der bezüglich der Versorgung der armen Abbrennler weiter zu ergreifenden Maßnahmen in die Hand zu nehmen, sowie die wegen Herstellung des Generalbauplanes nöthigen Anordnungen zu treffen. Zugleich wurde ihm der Auftrag zu Theil, die gänzlich aufgelöste landgerichtliche Amtierung wieder nach Maaßgabe der Disponibeln noch brauchbaren Localitäten und des etwa noch geretteten Amts Inventars einzurichten, u. zu constatieren, was an Akten u. Urkunden zu Grunde gegangen.


Es wird ihn zugleich ein Mitglied des Finanzrechnungscommissariats begleiten, um durch dasselbe Ordnung in die finanzielle Branche des Rentamts u. Landgerichtes zu bringen, sowie endlich auch Kreisforstrath Mördes nach Hammelburg abgesendet wurde, um wegen des zu verabreichenden Bauholzes aus den ärarialischen Waldungen rsp. wegen der sofort zu verfügenden Fällungen die entsprechenden Einleitungen mit dem k. Forstamte zu treffen.

Möchten diese Anordnungen welche ich getroffen habe, der allerhöchsten Zustimmung Ew. M. sich zu erfreuen haben.

Ich erkenne es recht wohl an, daß dieser Bericht vielleicht lückenhaft ist u. nur eine schwache Skizze dessen gewährt, was Ew. M. zu wissen nöthig ist.

Wollen Ew. M. indessen eine Entschuldigung in dem Umstande finden, daß ich mich in diesem Augenblicke, kaum erst von der Stätte des Jammers zurückgekehrt, in Folge der überstandenen gemüthlichen, wie physischen Anstrengungen noch in einem zu bewegten u. aufgeregten Zustande befinde, als daß ich Ew. M. eine so erschöpfende Darstellung zu liefern vermöchte, wie ich selbst es wünschte, u. wie ich es für meine Pflicht erachte.

Ich behalte mir also weitere allerehrfurchtsvollste Berichterstattung bevor, u. lege das bejammernswerte Schicksal der armen Stadt Hammelburg, wie nicht minder die traurige Lage der landgerichtlichen u. rentamtlichen Beamten, welche nichts von dem Ihrigen zu erhalten vermochten, als was sie gerade auf dem Leibe trugen, u. nichts desto weniger mit rührender Hingabe den Pflichten ihres Amtes zu entsprechen wetteiferten, an das väterliche Herz Ew. Majestät, welches schon für so viele Wunden den heilenden Balsam zu finden wusste.

In allertiefster Ehrfurcht ersterbe ich
Ew. M.
allerunterth.[änigst] treu geh[orsamer]
Zurhein

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