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Der Hammelburger Viehmarkt in Quellen und Erinnerungen
Von Christine Schormayer
 
Name und Nostalgie

„Am Viehmarkt" - diese Straßenbezeich­nung erinnert in vielen Städten daran, dass dort einmal regelmäßig mit Rindern, Pferden, Schweinen, Schafen oder Ziegen gehandelt wurde.
Auch in Hammelburg hatte der gemischte Viehmarkt eine Tradition, er spielte einmal eine wichtige Rolle für die Erzeuger und Händler in Hammelburg und dem Umland. Die alten Viehmärkte gibt es schon seit eini­gen Jahrzehnten nicht mehr. Die Schlacht­- und Nutzvieherzeugung hatte sich nach dem 2. Weltkrieg stark verändert. Die Großpro­duktion wurde attraktiv, viele kleinere Betrie­be gaben die Viehhaltung auf. Auch im Vieh­handel veränderten sich die Strukturen.
In Bayern endeten die meisten Viehmärkte in den 1970er bis 1980er Jahren. Einer der letzten Ferkelmärkte in Unterfranken bestand in Arnstein (Landkreis Main-Spessart). Dort kamen nach einem Zeitungsbericht noch 1997 Händler und Landwirte unter freiem Himmel zusammen.
In Hammelburg wurden die Viehmärkte 1997 und 1998 als „Nostalgiemärkte" noch einmal lebendig. Anlässlich des „Faaderweis­sedooch" (Federweißen-Tag) im Oktober gab es beim „Gäuls- und Säumarkt" wieder Zu­trieb von Pferden, Jungrindern, Jungbullen, Schweinen, Schafen und anderen Tieren. Weitere Termine folgten bis jetzt nicht.
Wie die Viehmärkte in Hammelburg abge­laufen sind, als sie noch Teil des Alltags­lebens der einheimischen Bevölkerung wa­ren, können wir nur noch aus schriftlichen Quellen und Erinnerungen von Zeitzeugen rekonstruieren.

 
Ein Blick in die Archivalien

Nachdem der große Stadtbrand 1854 viele Akten der Stadt vernichtete, haben wir kaum Nachrichten über die Viehmärkte vor dieser Zeit. Das Marktrecht für die Stadt wird erst­mals 1303 aktenkundig.
 
Einen jüngeren Anhaltspunkt haben wir aus dem Jahr 1853. Damals beschloss der Ham­melburger Magistrat, ab Januar 1854 alle 14 Tage Rind- und Schweinemärkte abzuhalten, und zwar donnerstags, in Abstimmung mit dem Karlstadter Viehmarkt, der laut Proto­koll im gleichen Rhythmus dienstags abge­halten wurde.
 
Einen genauen Ort für die Marktgeschäfte nennt diese Niederschrift noch nicht. Man könnte annehmen, dass sich jeglicher Handel auf dem „Marktplatz" vor dem Rathaus ab­spielte und dass das allgemein bekannt war. Der heutige „Viehmarkt" hieß 1854 noch kei­neswegs so, denn auf seinem Grund stand noch eine Kirche, die so genannte „Marien­kapelle" oder „Neue Kirche". Dieses Gotteshaus war aber schon zur Ruine geworden, bevor der große Stadtbrand im April 1854 Hammelburg verwüstete und soll 1859 endgültig abgetragen worden sein.
Spätestens seit diesem Zeitpunkt fanden also die Viehmärkte höchstwahrscheinlich auf diesem Platz in der engen Altstadt Hammelburgs statt - bis 1961, als der Handel an den Stadtrand verlegt wurde, auf den „Bleichrasen" an der Saalebrücke.
 
Sicher wurden in Hammelburg nicht immer nur Rinder und Schweine verkauft. Die Vieh­marktordnung von 1912 sagt dazu: „... ein Markt zum An- und Verkauf von Mastochsen, Zugochsen, Gangvieh, Stieren, Rindern, Kü­hen, Kälbern, Schweinen, Ziegen und Scha­fen, sowie von Pferden ...", also ausdrücklich ein gemischter Viehmarkt. Spezialisierte Märkte mit großem Umsatz (z. B. nur für Rinder, Schweine oder Schafe) hatten sich in Unterfranken im 19. Jahrhundert vor allem in Schweinfurt und Würzburg gebildet.
 
Leider verrät uns die Viehmarkt-Ordnung nur, wie sich die Gesetzgeber einen geregel­ten Marktbetrieb vorstellten. Wie es tatsäch­lich aussah, kann auch sie nicht verbürgen. Dennoch lohnt es sich, einmal zu betrachten, was die Viehmarkt-Ordnung für die Stadt Hammelburg aus dem Jahr 1912 für wichtig hält: Damals war alle 14 Tage mittwochs ein Viehmarkt anberaumt. Christliche und israe­litische Feiertage sollten beachtet und der Viehmarkt nötigenfalls auf den folgenden Werktag verlegt werden. Bis zur Mittagszeit sollten die Geschäfte beendet sein, verfügte die Marktordnung. Im Sommer durfte der Markt schon um 7.00 Uhr beginnen, im Win­ter erst um 8.00 Uhr. Natürlich musste sich ein Amtstierarzt das Vieh anschauen, vor allem im Hinblick auf die Maul- und Klauenseuche, die auch damals schon gefürchtet war. Bevor der Veterinär beim Verkäufer erschienen war, durfte laut Marktordnung eigentlich nicht gehandelt werden. Auch die Schweinekörbe sollten bis dahin geschlossen bleiben. Um die Übersicht zu behalten, durfte der Amtstierarzt nach § 2 der Viehmarktordnung sogar den Viehmarkt-Platz an der nördlichen und west­lichen Seite „durch eine Leine" absperren.

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