Seite 3 von 4
Hammelburger Viehmarkt - Seite 3
Beitragsseiten
„Zu Beginn eines gewöhnlichen Markttags sind die Käufer herumgelaufen und die meisten haben erst einmal gelauscht", berichtet ein Landwirt. Die Händler waren mit Pferdegespannen gekommen und Wägen mit Körben, die Bauern meist mit eingespanntem Rindvieh, zumindest noch zu Beginn der 1950er Jahre. Rund um den Viehmarkt wurden die Transportmittel abgestellt. In der „schlechten Zeit" kam auch schon einmal einer mit dem Schubkarren an.
Die Schweinekörbe waren aus Weide geflochten, hatten einen Deckel und waren mit Stroh ausgelegt, später gab es auch Holzkisten. „Wenn der Markt begann, waren die Körbe offen, und die Schweine wurden richtig hochgebettet" , erinnert sich ein Landwirt. Manche Besitzer sollen ein Ferkel für den Interessenten auch mit gespielter Anstrengung hochgehoben und gesagt haben, „schau her, ich kann das nicht mal mehr heben", um zu zeigen, wie schwer das Tier war.
Dann wurde gefeilscht, der Kunde hat geboten, der Händler verlangt. Der Kauf endete mit einem Handschlag „dass es geklatscht hat". Die Tiere wurden dann meist vom Käufer mit einem Namenskürzel gekennzeichnet.
Nach dem Markt ging es regelmäßig ins Wirtshaus. Dort konnte man auch sehen, welcher Schmuser für welchen Händler gearbeitet hat, denn der Händler zahlte ihm oft die Zeche. Die Viehmarkt-Besucher verteilten sich u. a. im „Emmert" (Gasthaus Zum Engel, Marktplatz 12), im „Hirschen" (Kirchgasse 2), in der „Hannawackers Wirtschaft" (Zum Goldenen Schwan, Bahnhofstr. 17), beim „unteren Binmöller" (Gasthaus Zur Sonne, Weihertorstr. 3) und im „Bayerischen Hof' (Bahnhofstr. 51). Der „Bayerische Hof" war „gestopft voll" an Markttagen, denn er war für gutes Essen bekannt. Die Tochter des damaligen Besitzers soll den Sohn eines Viehhändlers aus Oberleichtersbach geheiratet haben.
Auch einige Namen von Viehhändlern, die in den 1950er Jahren auf dem Hammelburger Markt erschienen, sind den Landwirten noch gut im Gedächtnis: aus Westheim (bei Hammelburg) kam Josef Schmitt, genannt das „Waaster Schmittle" (es gab noch einen Viehhändler mit diesem Nachnamen: Wilhelm Schmitt aus Sulzthal). Aus Machtilshausen war Heinrich Koch, ebenfalls aus Machtilshausen Franz Mützel. Aus Obereschenbach kam Eugen Reuter, aus Oberleichtersbach Josef Heinz. Auch die Namen Keupp aus Obereschenbach und Troll und Heid aus Fuchsstadt (bei Hammelburg) werden in diesem Zusammenhang genannt. Die Hammelburger Viehhändler waren (laut EinwohnerAdressbuch 1956): Philipp Fleckenstein, Georg Gößmann und Albert Köberlein. Von Großferkelhändlern, die als wohlhabend galten, sprachen die Bauern scherzhaft als „Baron". Die Unterlagen im Stadtarchiv Hammelburg zeigen, dass auch Viehhändler aus anderen Landkreisen und Bezirken am Hammelburger Markt interessiert waren (schriftliche Anfragen nach Marktterminen aus dem Jahr 1954 und 1955).
1961 verlegte man den Hammelburger Viehmarkt auf den Bleichrasen an der Saalebrücke. In den 1970er Jahren wurden schon viele Viehmärkte in Bayern eingestellt. Das Geschäft fand nun überwiegend auf dem Hof statt. Auch in Hammelburg wurde der Auftrieb auf den Viehmärkten immer schwächer und der Kreis-Veterinär meldet 1972, dass „oft weder Schweinehändler noch ein Käufer (!) erschienen war". Die eingenommenen Gebühren deckten die Auslagen nicht mehr, deshalb hatte die Stadt schon im Jahr 1970 die Marktgebühren von 0,30 DM auf 0,50 DM pro Ferkel erhöht. Ab 1973 sollten statt bisher 12 nur noch 4 Viehmärkte im Jahr stattfinden. Die letzte offizielle Terminmeldung für den Hammelburger Viehmarkt liegt aus dem Jahr 1982 vor, aber man darf davon ausgehen, dass die meisten Markttermine seit Mitte der 1970er Jahre nicht mehr wahrgenommen wurden.
Besonderheit Schäfertreff
An eine Besonderheit des Hammelburger Viehmarkts nach dem Zweiten Weltkrieg können sich damalige Besucher noch gut erinnern: die Schäfer aus Hammelburg und Umgebung waren auf fast jedem Viehmarkt zahlreich vertreten. Und das, obwohl auf so gut wie keinem Markt ein Schaf aufgetrieben wurde. Es wird berichtet, dass die Schäfer immer zusammen standen und sich unterhielten. Man erkannte sie schon von weitem an ihrer typischen Kleidung. Sie besuchten den Markt nicht, um zu kaufen oder zu verkaufen, sondern um Informationen auszutauschen und um die Kollegen zu treffen.
Schafe kamen in Hammelburg normalerweise nicht zum Auftrieb, die Schäfer besuchten damals die Schafmärkte in Schweinfurt und Ochsenfurt. Viele Schäfer kamen mit dem Motorrad zum Hammelburger Viehmarkt. Stammlokal der Schäfer war der „Emmert" (Gasthaus Zum Engel, Marktplatz 12). Auf den Hammelburger Viehmärkten traf man z. B. die Schäfer Karl Brandenstein aus Obereschenbach, Hermann Reuter aus Obereschenbach, Michael Schmittner aus Fuchsstadt, Josef Ohmert aus Pfaffenhausen, Bonifaz Scherpf aus Hammelburg, Ebert aus Obererthal, Otto Koch aus Untererthal, Kilian Neder aus Thulba, Fritz Schmitt aus Höllrich.
Diese Treffen nutzten auch die „Übungsplatz-Schäfer", die ihre Herden im Sommer auf dem Truppenübungsplatz Hammelburg weideten, aber nicht aus der Hammelburger Umgebung stammten. Ludwig Weckbach aus Wipfeld z. B. besuchte nach eigenen Angaben oft den Hammelburger Viehmarkt - um sich mit den Kollegen auszutauschen.