Schoners Rathausbau
"Sowohl der Spätgotik wie auch der Frührenaissance verhaftet war das Hammelburger Rathaus, dessen ursprüngliches Aussehen, vor dem Feuersturm des Markustages von 1854, man heute nur ahnen kann. Auf enteigneten Grundstücken der zur Zeit der Bauernrebellion geflohenen Bürger Stephan Lauter und Hans Grumet, vom Abt der Stadt überlassen, sollte anstelle des bescheidenen alten ein neues — dem Wohlstand der Stadt entsprechendes - Rathaus sich erheben, dessen Risse Schoner schon 1524 entworfen hatte. Nach blutiger Sühne des Aufstandes (mit neun Hinrichtungen auf dem Marktplatz) schritt der Bau in den Jahren 1526 bis 1529 zügig voran, so daß sich die Ratsherren dort schon am 22. September 1529 zur ersten Sitzung versammeln konnten. Da der vernichtende Brand von 1854 nur die Umfassungsmauern und die Kellergewölbe übrig ließ und die zunächst noch stehengebliebene Giebelwand in dem Sturm vom 4. Dezember vollends eingestürzt war, ging eine Meisterleistung in Trümmer, von der Chronist Doell u. a. berichtet hat: „Die große, am Hauptgiebel angebrachte (zweiläufige) mit Kupfer gedeckte Freitreppe hatte schöne, flacherhabene Reliefs am Brüstungsgeländer... Die Fenster zeigten die schönsten gothischen Profile und die ganze vordere Fassade war mit Emblemen, Porträts und Sprüchen bedeckt. Dieser Giebel war in der Tat imponierend: mit künstlichen, sehr großen Wasserspeiern beginnend, waren auf jeder einzelnen Zinne (des Treppengiebels) bis zur höchsten Spitze schön gearbeitete Menschen- und Tierfiguren angebracht, welche Gegenstand allgemeiner Bewunderung waren ..." Erhalten sind davon nur noch zwei Wasserspeier im Garten des Roten Schlosses. Auch der Südgiebel scheint durch einige Figuren belebt gewesen zu sein, denn 1704 wird vom Absturz eines vier Zentner schweren (Figur eines) geharnischten Mannes berichtet. Vom ursprünglichen Schonerbau kündet noch heute auch der östliche Turm mit Wendeltreppe, die Zugang zu sämtlichen Stockwerken ermöglichte, „anno 1526 jar" erbaut. Der Wiederaufbau nach dem Brand, in gotisierendem Stil vereinfacht, unter Weglassung der Freitreppe, mit einem Sandsteinbalkon und Verlegung der Treppen nach innen, erfolgte 1855/56 durch den Baumeister Lorenz Deppisch."
Auszug aus „Restaurierung eines fränkischen Frührenaissance-Denkmals“ von Karl Brandler (Unser Landkreis Bad Kissingen – Jahrbuch 1980)